Kritikangst - Ablehnungsangst

Furcht vor Blamage, Kritik und Ablehnung in sozialen Situationen 

 

Eine Soziale Phobie (Code F40.1) ist eine deutliche Angst und Furcht vor oder Vermeidung von Situationen, in denen man im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen, sich peinlich oder erniedrigend verhalten könnte.

Es besteht eine krankhafte Mittelpunktsangst. Die Furcht vor der prüfenden Betrachtung durch andere Menschen tritt typischerweise in verhältnismäßig kleinen Gruppen auf, in denen man unangenehm auffallen könnte, und nicht in Menschenmengen wie sportlichen oder künstlerischen Großveranstaltungen, wo man als Individuum gar keine Beachtung findet.

Soziale Phobien hängen mit der Furcht vor Kritik zusammen, oft auch mit einem geringen Selbstwertgefühl.

Eine Soziale Phobie umfasst Präsentations-, Leistungs- und Beziehungsängste. Gefürchtet werden folgende Situationen: Essen oder Sprechen in der Öffentlichkeit, Leistungen aller Art vor anderen Menschen, Begegnung mit Bekannten in der Öffentlichkeit, Unterhaltung mit unbekannten Personen, Kontakte mit Personen des anderen Geschlechts, Teilnahme an kleinen Gruppen, wie etwa Partys, familiären oder beruflichen Feiern, Teilnahme am Unterricht, an beruflichen oder privaten Fortbildungsveranstaltungen. 

In den gefürchteten sozialen Situationen müssen mindestens einmal zwei der bereits erwähnten 14 Angstsymptome aufgetreten sein und zusätzlich auch noch mindestens eines von drei weiteren Symptomen, die die Angst vor peinlicher Auffälligkeit verstärkt haben: Erröten oder Zittern, Angst zu erbrechen, Harn- oder Stuhldrang bzw. die Angst davor (deswegen müsste man den Raum öfter verlassen).

Die Betroffenen haben ihre Symptome ausschließlich oder vornehmlich nur in den gefürchteten Situationen oder beim Gedanken daran. Sie sind durch ihre Angstsymptome oder ihr Vermeidungsverhalten emotional stark belastet. Sie wissen, dass ihre Symptome oder ihr Vermeidungsverhalten übertrieben und unvernünftig sind. 

Die Symptome können das Ausmaß einer Panikattacke annehmen. Im Extremfall kann das Vermeidungsverhalten zu einem völligen sozialen Rückzug führen. 

Soziale Ängste bestehen aus vier Arten von Ängsten: Beobachtungs-, Beurteilungs-, Selbstbehauptungs- und Kontaktängsten.

Beobachtungsängste bestehen in der Angst vor den Blicken anderer Menschen, die sich etwas Schlechtes über einen denken könnten. Beurteilungsängste beruhen auf der Angst vor kritischer Beurteilung oder gar Versagen in Leistungssituationen.

Selbstbehauptungsängste drehen sich um die Angst vor der eigenen Courage und deren sozialen Folgen. Kontaktängste beruhen auf der Angst vor Nähe und Zurückweisung. Diese bis zu einem gewissen Grad völlig normalen sozialen Ängste werden erst dann krankhaft, wenn die Betroffenen damit nicht erfolgreich umgehen können. 

Menschen mit Sozialer Phobie erleben folgende Grundbedürfnisse bedroht: 

  • Gesundheit und körperliches Wohlbefinden (wegen der starken Symptome), 
  • Bindung und Geborgenheit (wegen der Angst vor Ablehnung und sozialem Ausschluss),
  • Selbstwerterhöhung und Selbstwertschutz (wegen der Angst vor Peinlichkeit und Blamage), 
  • Autonomie und Kontrolle (wegen des Ausgeliefertseins). 


Eine Soziale Phobie beginnt meist schon im Jugendalter und tritt im Gegensatz zu anderen Angststörungen bei Männern und Frauen gleich häufig auf.

Menschen mit einer Sozialen Phobie fürchten kleine Gruppen und Kontakte mit Einzelpersonen wegen möglicher Blamage, Kritik oder gar Ablehnung, Personen mit einer Agoraphobie fürchten dagegen anonyme Menschenmassen wegen fehlender Fluchtmöglichkeit – auch wenn beide Gruppen für Außenstehende ein ähnliches Vermeidungsverhalten aufweisen. 

Zahlreiche Agoraphobiker sind gleichzeitig auch etwas sozialphobisch geprägt. 

Soziale Situationen als Chance statt als Bedrohung erleben 

 

  

Gesundes Verhalten ausbauen: Lassen Sie sich auf andere Menschen ein im Bewusstsein Ihrer Stärken und Schwächen 

 

Hinter sozialen Ängsten stehen ganz bestimmte Wünsche und Bedürfnisse der Betroffenen, die gerade aufgrund der Art der Störung und deren Folgen immer weniger befriedigt werden: als Mensch wahrgenommen werden, seine Meinung äußern, als kompetente Person akzeptiert und anerkannt werden, Einfluss und Kontrolle in sozialen Beziehungen erlangen, Geborgenheit und Intimität erleben. 

Im Folgenden werden die wichtigsten Strategien zur raschen und effizienten Bewältigung einer Sozialen Phobie in Form von zehn Schritten dargestellt.

 

1.  Ängste verstehen: Erkennen Sie in Ihren Ängsten die Bedrohung Ihrer Grundbedürfnisse. 


Bei einer Sozialen Phobie dreht sich alles – je nach Betroffenen in unterschiedlichem Ausmaß – um die Bedrohung des Selbstwerts bzw. des Sozialprestiges, des körperlichen Wohlbefindens durch bestimmte Symptome wie Schwitzen, Zittern oder Erröten, der Geborgenheit in der sozialen Gemeinschaft sowie der Autonomie und Kontrolle durch das Gefühl des Ausgeliefertseins anderen Menschen gegenüber, manchmal auch der sozialen und wirtschaftlichen Sicherheit, wenn dadurch die schulische Ausbildung, die berufliche Integration und der sonst mögliche soziale Aufstieg gefährdet sind. 


Geben Sie im Fall einer Sozialen Phobie durch Ankreuzen der zutreffenden Zahl an, in welchem Ausmaß die folgenden fünf Bedrohungsszenarien als Ursache, Auslöser oder Verstärker Ihrer Sozialen Phobie infrage kommen (0 = gar nicht, 1 = ein wenig, 2 = mäßig, 3 = stark, 4 = sehr stark). 

 

Bedrohungsszenario                                               

  • Bedrohung des Körpers/des körperlichen Wohlbefindens 
  • Bedrohung der sozialen/wirtschaftlichen Sicherheit 
  • Bedrohung der Bindungen/Geborgenheit 
  • Bedrohung des Selbstwerts/Sozialprestiges 
  • Bedrohung der Kontrolle/Autonomie  

 

Erfassen und analysieren Sie Ihre sozialen Ängste und halten Sie Ihre Erkenntnisse in Ihrem Angsttagebuch fest. 

Folgende Fragen können hilfreich sein:

-          Was sind Ihre größten sozialen Ängste, unter denen Sie gegenwärtig am stärksten leiden? 

-          Welche sozialen Situationen fürchten Sie in welchem Ausmaß? 

-          Welche körperlichen und psychischen Begleitsymptome treten auf und welche davon belasten Sie am meisten? 

-          Welche Vermeidungsstrategien (z.B. bestimmte Personen nicht ansprechen, Gruppen vermeiden, Termine absagen) und welche Sicherheitsmaßnahmen (z.B. Alkohol, Medikamente, bestimmte Tricks) setzen Sie angesichts von sozialen Situationen ein? 

-          Was sind die schlimmsten Auswirkungen Ihrer sozialen Ängste? Welche negativen Folgen haben sich dadurch in Ausbildung, Beruf und Privatleben ergeben?

-          Seit wann leiden Sie unter sozialen Ängsten? Sind im Laufe der Zeit Veränderungen und Schwankungen aufgetreten? Womit könnten diese zusammenhängen? 

-          Was sind Ihrer Meinung nach die zentralen Ursachen, Auslöser und Verstärker Ihrer sozialen Ängste? 

-          Welche Zusammenhänge bestehen mit Ihren lebensgeschichtlichen Erfahrungen in der Kindheit und Jugendzeit? 

-          Welchen Einfluss haben Ihrer Meinung nach aufgrund der Lektüre dieses Buches Faktoren wie Vererbung, Familiensituation, schulische und berufliche Situation, außerfamiliäres und gesellschaftliches Umfeld für die Entstehung und Aufrechterhaltung Ihrer sozialen Ängste? 

-          Wie hängen Ihre sozialen Ängste mit Ihren Denkmustern und Lebenseinstellungen zusammen? 

-          Welche Merkmale Ihrer Persönlichkeit spielen dabei eine Rolle? 

-          Mit welchen sozialen Situationen kommen Sie trotz Ihrer Ängste relativ gut zurecht?

-          Was sind Ihre Stärken und Fähigkeiten in sozialen Situationen, trotz Ihrer sozialen Ängste? 

 

2.  Denkmuster ändern: Entwickeln Sie hilfreichere Sichtweisen.


Menschen mit einer Sozialen Phobie haben schädliche Denkmuster, die Angst und Furcht auslösen und das Wohlbefinden in sozialen Situationen beeinträchtigen. In der permanenten Angst vor Fremdkritik spiegelt sich nichts anderes als die vernichtende Selbstkritik wider, nicht gut genug bzw. nicht liebenswert zu sein. 

Was vor anderen Personen als peinlich angesehen wird, gilt vor allem auch in der Selbstwahrnehmung als blamabel. Die andauernde Angst, in den eigenen Augen zu versagen, ist gewöhnlich die Grundlage von befürchteter sozialer Kritik in allen möglichen Leistungssituationen. 

Es besteht ein schlimmer Teufelskreis, der sich immer mehr aufschaukelt: Je stärker die Selbstkritik, umso ausgeprägter die Furcht vor Fremdkritik, umso größer aber auch das Bedürfnis nach positivem Feedback, das dann erst recht wieder Stress erzeugt, wenn man nach dem ersten Lob in weiterer Folge den vermeintlichen Erwartungen der anderen zukünftig doch nicht ganz entsprechen sollte. 

Folgende Ratschläge können hilfreich sein:

-          Erkennen, analysieren und ändern Sie jene Denkmuster, die Ihre sozialen Ängste auslösen, aufrechterhalten und verschlimmern. Machen Sie sich bewusst, dass die überhöhten Anforderungen an sich selbst, das perfektionistische Anspruchsniveau und das Bedürfnis nach bestmöglicher Anpassung an die Umwelt mit dem Ziel der Unauffälligkeit vor allem den Zweck haben, sozialer Kritik und Ablehnung zu entgehen. Hinterfragen Sie Ihre Glaubenssätze und inneren Muss-Diktate in Zusammenhang mit sozialen Situationen, wie etwa: „Ich muss immer die Beste sein“, „Ich muss immer alles richtig und einen perfekten Eindruck machen“, „Ich muss bei allen Menschen gut ankommen“, „Ich muss möglichst unauffällig bleiben, um keine Angriffsflächen zu bieten“, „Ich muss meinen Körper total unter Kontrolle haben und ein Pokerface aufweisen, damit niemand meine Unsicherheit anhand bestimmter Symptome wie Schwitzen, Erröten oder Zittern erkennen kann.“ Hinterfragen Sie Ihre falschen und einseitigen Sichtweisen, die dazu führen, dass Sie sich selbst ständig abwerten („Ich bin unfähig, schwach, unattraktiv, nicht liebenswert“) und die anderen Menschen ungebührlich aufwerten („Die anderen sind besser, erfolgreicher, anerkannter, glücklicher, sympathischer als ich“). 

-          Erkennen und unterbrechen Sie die engen Zusammenhänge zwischen Selbstkritik und erwarteter Fremdkritik. Verwenden Sie zur Aufdeckung dieser Zusammenhänge die Drei-Spalten-Technik. Notieren Sie in Ihrem Angsttagebuch in der linken Spalte die jeweilige Situation, in der mittleren Spalte den Gedanken über sich selbst und in der rechten Spalte den vermeintlichen und gefürchteten Gedanken der anderen. Auf diese Weise werden Sie rasch erkennen, dass Sie bei Ihrer sozialen Umwelt das am meisten fürchten, was Sie in die anderen Menschen vorher hineinprojiziert haben. Drei typische Beispiele: Bei der Kontaktaufnahme mit unbekannten Personen finden Sie sich selbst bereits vorher als unattraktiv und unsympathisch, sodass Sie von den anderen denselben spontanen Gedanken über Sie erwarten. Bei der Erbringung einer Leistung halten Sie sich selbst bereits vorher für dumm, unfähig oder ungeschickt und erwarten von den anderen eine ähnliche Beurteilung. Bestimmte Verhaltensweisen in Gruppensituationen finden Sie selbst als peinlich, weshalb Sie bei den anderen dieselbe Einschätzung fürchten. Kommt Ihnen das alles sehr bekannt vor? Finden Sie weitere Zusammenhänge zwischen harter und unbarmherziger Selbstkritik und entsprechend erwarteter Fremdkritik. Machen Sie sich bewusst: Sie können niemanden verändern außer sich selbst. Wenn Sie Ihre Beziehung zu selbst verändern, das heißt, Ihre Denkmuster über sich selbst relativieren oder gar in positiver Richtung verändern, verbessern Sie auch die Beziehung zu anderen Menschen, noch bevor Sie diesen begegnet sind. Dann verringert sich auch Ihr permanentes Bedürfnis nach positivem Feedback als einzig möglicher Korrektur Ihres negativen Selbstbilds. Wenn Sie sich selbst vorerst einmal so akzeptieren, wie Sie momentan sind, wird Ihre Angst abnehmen, von den anderen nicht akzeptiert zu werden. Es reicht, dass Sie im Hier und Jetzt an sich arbeiten, um Ihre zukünftigen Möglichkeiten zu verbessern – mehr können Sie momentan nicht tun.

-          Trauen Sie anderen Menschen positivere Sichtweisen zu. Verwenden Sie wieder die Drei-Spalten-Technik und notieren Sie in der linken Spalte die jeweilige Situation, in der mittleren Spalte den Erstgedanken, den Sie anderen unterstellen, und in der rechten Spalte einen alternativen, für Sie günstigeren Gedanken. Drei typische Beispiele: Angesichts eines Vortrags halten die anderen Sie aufgrund Ihrer sichtbaren Nervosität vermeintlich für unsicher und inkompetent, bis Sie diesen auch ein milderes Urteil zutrauen, nämlich dass Sie zwar etwas nervös, aber fachlich durchaus kompetent wirken. In einer Diskussionsrunde, bei der Sie eine Meinung äußern, halten die anderen Ihre Ausführungen zuerst für einen völligen Blödsinn, bis zumindest manche Leute schließlich doch nachdenklich werden und Ihnen beipflichten. Bei einem Date mit einer attraktiven Frau unterstellen Sie dieser zuerst, dass diese mit Ihnen als schüchternem und gehemmtem Mann nichts zu tun haben möchte, bis die Dame Sie schließlich als guten und einfühlsamen Zuhörer wahrnimmt und sich trotz Ihrer Art wieder mit Ihnen treffen möchte. Machen Sie sich vor allem auch eines bewusst: Die anderen Menschen beschäftigen sich viel weniger mit Ihnen als Sie glauben und fürchten, selbst wenn Sie gerade bestimmte peinliche Symptome wie Schwitzen, Erröten oder Zittern aufweisen sollten. Was könnte Sie in den Augen der anderen durchaus interessant, fähig und liebenswert machen, trotz Ihrer realen und vermeintlichen Schwächen? 

-          Sehen Sie soziale Ereignisse realistischer statt durch die Brille Ihrer verzerrten Denkmuster. Analysieren und verändern Sie mithilfe der bereits bekannten Drei-Spalten-Technik Ihre verzerrten Denkmuster vor, in und nach sozialen Situationen. Drei typische Beispiele:[ii] Das verzerrte Denkmuster Katastrophisieren, etwa bei der Prüfung sicher durchzufallen und die ganze Ausbildung nicht zu schaffen, können Sie relativieren, indem Sie sich durchaus die Schwere der Prüfung, aber auch die grundsätzliche Bewältigbarkeit vor Augen halten. Das falsche Denkmuster Emotionale Beweisführung, das heißt aus Ihren Gefühlen auf die Wirklichkeit schließen, können Sie so entkräften, dass Sie sich einerseits zwar Ihr anfängliches Unwohlsein in einer Gruppe eingestehen, sich andererseits aber nicht als Außenseiter, sondern in gutem Kontakt mit zumindest einigen Gruppenmitgliedern wahrnehmen. Das deprimierende Denkmuster der Verallgemeinerung können Sie hinterfragen, indem Sie sich zwar eines ganz konkreten Fehlers bewusst werden, sich deswegen aber nicht für einen Versager halten. 

-          Erstellen Sie eine Liste Ihrer Stärken und Schwächen. Machen Sie sich bewusst, was Sie sind und was Sie können, aber auch das, das Sie nicht sind, was Sie nicht können und auch das, was Sie nicht einmal nicht können wollen, auch wenn andere Personen dadurch große soziale Anerkennung erlangen. Halten Sie Ihre Erkenntnisse in Ihrem Angsttagebuch fest. Im Bewusstsein Ihrer wahren Stärken und Fähigkeiten wird es Ihnen leichter fallen, Ihre kleineren und größeren Schwächen bzw. Fehler zu tolerieren. Stehen Sie zu Ihrer Individualität, seien Sie kongruent, das heißt echt, ohne sich zu verstellen. Auf diese Weise können Sie in sozialen Situationen auch viel spontaner werden, weil Sie vorher nicht mehr darauf achten, unbedingt eine gute Wirkung zu erzielen und keinesfalls einen schlechten Eindruck zu hinterlassen. 

-          Erkennen Sie hinter Ihren sozialen Ängsten Ihre größten Wünsche und zentralen Grundbedürfnisse. Auch wenn es unrealistisch ist: Sie möchten in sozialen Situationen gerne von allen geliebt oder zumindest geschätzt werden, jedenfalls nicht kritisiert, ausgelacht oder gar abgelehnt werden. Ob Sie nun eine gute oder schlechte Kindheit und Jugendzeit erlebt haben: Sie möchten auch zukünftig oder gerade wegen schlimmer Erfahrungen anhaltende Wertschätzung und Geborgenheit in jenen sozialen Beziehungen erleben, die Ihnen am wichtigsten sind. Ihre Wünsche und Bedürfnisse machen Sie in sozialen Situationen sicherlich verwundbar, doch dies ist der Preis dafür, dass Sie auf der Basis Ihrer Grundbedürfnisse weiterhin bestimmte Erwartungen an Ihre soziale Umwelt richten. Sich bedürfnis- und wunschlos zu geben, mag Sie zwar vor Enttäuschungen schützen, doch was wäre das für ein Leben, wenn Ihnen alles völlig egal wäre und Ihnen nichts mehr nahegehen würde? 

 

3.  Körperliche Befindlichkeit verbessern: Nutzen Sie Bewegung, Sport, Freizeitaktivitäten und Entspannung zum Stressabbau und erhöhten Wohlbefinden. 


Furcht führt zu einer Kampf-Flucht-Reaktion. Bei Menschen mit einer Sozialen Phobie spielt sich die Bedrohung nicht in der Realität, sondern nur im Kopf ab. 

Die Betroffenen erleben sich in vielen sozialen Situationen sehr angespannt. Um nicht unangenehm aufzufallen, unterdrücken sie ihre Anspannung, wie etwa ihre Neigung zu einem leichten Zittern, statt diese in angemessener Weise abzuführen. 

Folgende Ratschläge können hilfreich sein:

-          Bewegen Sie sich ein wenig im Stehen oder Sitzen. Bleiben Sie im Fall eines Vortrags nicht steif stehen, sondern gehen Sie ein wenig auf und ab oder bewegen Sie sich etwas mit den Händen und Füßen. Rutschen Sie bei einer Sitzung oder in einem Lokal auf dem Stuhl ein wenig hin und her, um Ihre innere Anspannung abzubauen. 

-          Verlassen Sie zur Spannungsabfuhr kurz den Raum. Längeres Sitzen macht nicht nur Menschen mit Rückenschmerzen noch verspannter, sondern auch Personen mit einer Sozialen Phobie. Verlassen Sie soziale Situationen nicht unkontrolliert aus Angst, sondern ganz bewusst zum Zweck der kurzzeitigen Regenerierung durch Bewegung in der frischen Luft, um dann mit einer niedrigeren Grundanspannung weiterhin an den sozialen Situationen und Interaktionen teilzunehmen. Kräftige Bewegung ist auch die Methode der Wahl bei einer herannahenden, situativ bedingten Panikattacke, wie sie bei Menschen mit einer Sozialen Phobie in bestimmten sozialen Situationen öfter auftreten kann. 

-          Nutzen Sie Reden zur Spannungsabfuhr. Sozial ängstliche Personen schweigen gerne unter anderen Menschen, um nicht unangenehm aufzufallen, werden dadurch jedoch innerlich immer verspannter. Ergreifen Sie einfach das Wort und reden Sie sich Ihre innere Anspannung buchstäblich von der Seele, indem Sie sich dabei auf ein bestimmtes, für Sie bedeutsames Thema konzentrieren, statt ständig Ihren Körper ängstlich zu beobachten. 

-          Unternehmen Sie zahlreiche Freizeitaktivitäten mit anderen Menschen. Während einer körperlichen und geistigen Betätigung zusammen mit verschiedenen Personen sind Sie selbst sowie auch die anderen ganz auf die jeweils herausfordernden Aktivitäten konzentriert, während Sie sich bei stundenlangem Sitzen in einer Runde durch die permanente Selbstbeobachtung und die subjektiv erlebte Fremdbeobachtung gestresst fühlen. 

-          Nutzen Sie verschiedene Entspannungstechniken. Wählen Sie aus den Entspannungsmethoden, die bei anderen Angststörungen sehr umfangreich dargestellt werden, jene aus, die für Sie am hilfreichsten sind, um einerseits die durchgehend erhöhte Grundanspannung zu vermindern und andererseits auch die situativ bedingte Verspannung zu lockern. 

 

4.  Aufmerksamkeit lenken: Konzentrieren Sie sich auf das, was im Moment hilfreich und wichtig ist. 


Bei einer Sozialen Phobie steht nicht die Befriedigung der Grundbedürfnisse nach Selbstwerterhöhung und der sozialen Geborgenheit im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, sondern vielmehr der Schutz vor der Verletzung dieser Grundbedürfnisse. Die Betroffenen agieren im Umgang mit anderen Menschen nicht offensiv, sondern defensiv. Sie vermeiden alles, was den Selbstwert, das Sozialprestige und die soziale Integration und Geborgenheit bedroht; sie wollen ständig soziale Auffälligkeit und Ablehnung vermeiden und vergessen dabei, was sie eigentlich erreichen möchten. 

Menschen mit sozialen Ängsten fühlen sich in Sozialkontakten ständig kritisch beobachtet. Sie möchten einen guten Eindruck hinterlassen, fürchten jedoch ständig, unangenehm aufzufallen, und tun daher alles, um sich nicht zu blamieren. Sie ruhen zu wenig in sich selbst, im Bewusstsein ihrer Stärken und Fähigkeiten, aber auch ihrer kleinen Schwächen und möglichen Fehleranfälligkeit in bestimmten Leistungssituationen. Der Selbstwert und das Sozialprestige sind völlig von den erhofften positiven Rückmeldungen anderer Personen abhängig, weil sie sich selbst als Mensch nicht okay fühlen und daher in allen möglichen sozialen Situationen mit Kritik rechnen. 

Machen Sie sich bewusst: Im Fall einer Sozialen Phobie stehen Sie gleichsam doppelt „neben sich“: Einerseits beobachten Sie sich ständig selbst, was Sie gerade tun, wie Sie sich innerlich fühlen und wie Sie nach außen hin wirken, andererseits erleben Sie sich von den anderen permanent beobachtet und versuchen zu erraten, was diese gerade von Ihnen denken. Fühlen Sie sich in Gegenwart anderer Menschen innerlich irgendwie gespalten, nicht ganz eins mit sich selbst, weil Sie sich ständig so beobachten, als würden Sie sich von außen zuschauen? Das verstärkt nicht nur Ihre Angst und Furcht, sondern auch Ihre körperliche Anspannung. Der Teufelskreis der ständigen Selbstbeobachtung beeinträchtigt Ihre Spontaneität, Ihre Aufmerksamkeit und Konzentration sowie auch den weiteren Kontakt mit durchaus interessanten Personen Ihrer sozialen Umwelt. 

Folgende Ratschläge können hilfreich sein: 

-          Konzentrieren Sie sich ganz auf Ihre Gesprächspartner. Blicken Sie andere Menschen an, statt sich von diesen ständig angestarrt zu fühlen. Werden Sie in sozialen Situationen zum aufmerksamen und interessierten Beobachter statt zur beobachteten und vermeintlich kritisierten Person. Je mehr Sie sich gleichsam selbst vergessen und sich ganz auf andere Menschen einlassen, umso offener und natürlicher werden Sie von Ihrer sozialen Umwelt wahrgenommen. Erst wenn Sie sich nach außen hin defensiv und gehemmt verhalten, werden die anderen darauf aufmerksam, dass bei Ihnen irgendetwas nicht stimmt. Beschäftigen Sie sich nicht ständig mit Fragen, die Ihre ungesunde Selbstaufmerksamkeit in sozialen Situationen noch verstärken, wie etwa: „Wie schaue ich aus?“, „Was sehen die anderen gerade an mir?“, „Bemerken die anderen schon mein zunehmendes Schwitzen, Erröten und inneres Zittern?“, „Werde ich gleich versagen und Kritik ernten?“, „Welchen Eindruck mache ich gerade auf die anderen?“, „Was denken die anderen von mir?“, „Was tue ich, wenn ich mich blamiere oder versage?“ Nehmen Sie durchaus Ihre momentanen Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen in sozialen Situationen wahr, verhalten Sie sich dabei jedoch interaktionsbezogen. Das Ziel ist keine totale Vermeidung der Selbstbeobachtung, sondern vielmehr eine ausbalancierte Wahrnehmung Ihrer eigenen Person und der sozialen Umwelt. Es reicht oft schon, wenn Ihre Selbstaufmerksamkeit in sozialen Situationen weniger als 50 Prozent beträgt. 

-          Konzentrieren Sie sich voll und ganz auf die konkrete Aufgabe. Gehen Sie mit allen Sinnen in Ihrer Tätigkeit oder Präsentation auf, ohne sich andauernd aus der Perspektive der Zuschauer und Zuhörer zu registrieren. Die Konzentration auf alles Mögliche zum gleichen Zeitpunkt wird Multitasking genannt. Eine derartige Überkonzentration auf zu vieles zugleich ist der Inbegriff von Unkonzentriertheit. Konzentration bedeutet Einengung der Aufmerksamkeit auf das, was im gegenwärtigen Augenblick gerade wichtig ist, bei gleichzeitigem Ausblenden aller Reize und Informationen, die momentan störend wirken. Das mentale Versunkensein im Tun und Erleben wird bekanntlich Flow genannt. Eine Konzentration mit Aufmerksamkeitslenkung nach außen, auf die konkrete Aufgabe, verhindert automatisch die verunsichernde Selbstbeobachtung der eigenen Person. Machen Sie sich vor allem auch bewusst: Je mehr Sie von Ihren Fähigkeiten überzeugt sind, umso weniger müssen Sie nach positivem verbalen oder nonverbalen Feedback vonseiten der sozialen Umwelt heischen.

-          Bleiben Sie geistig im Hier und Jetzt, im gegenwärtigen Augenblick. Tun Sie in der Gegenwart genau das, was Sie aufgrund Ihrer Bedürfnisse, Werte und Ziele in der jeweiligen sozialen Situation tun möchten, statt ständig in die Zukunft vorauszuschweifen, wie Sie kritisiert und blamiert als Versager dastehen könnten, und auch ohne ständig in die Vergangenheit abzuschweifen, wie Sie sich peinlich oder inakzeptabel verhalten haben bzw. präsentiert haben könnten. Hilfreich sind zielorientierte und aufmerksamkeitsfördernde Fragen wie: „Was ist mein Ziel in dieser Situation?“, „Was möchte ich in diesem Gespräch erreichen?“, „Was habe ich mir für diese Präsentation vorgenommen?“, „Was fällt mir bei anderen Menschen auf, das nichts mit mir und meinen Problemen zu tun hat?“ 

-          Tolerieren Sie Ihre körperlichen Symptome in sozialen Situationen. Verzichten Sie auf die kraftraubende Beeinflussung Ihrer aktuellen Symptome, denn jeder Kampf dagegen und jeder Unterdrückungsversuch mit allen möglichen Mitteln verstärkt nur Ihre momentane Anspannung. Nehmen Sie während Ihrer Auftritte, Präsentationen und sonstigen unangenehmen Mittelpunktserfahrungen die vorhandenen körperlichen Symptome zwar wahr, richten Sie Ihre volle Aufmerksamkeit jedoch auf das, was Sie tun und erreichen möchten. Bedenken Sie: Menschen mit sozialen Ängsten gehen immer davon aus, die anderen würden alles sehen, was sie selbst in und an ihrem Körper spüren. Tatsächlich nimmt die soziale Umwelt die einen Symptome wie starkes Herzklopfen, Beklemmungsgefühle oder muskuläre Anspannung gar nicht und die anderen Symptome wie Schwitzen, leichtes Händezittern oder Erröten nicht so negativ wahr, wie die Betroffenen ständig vermuten und daher am liebsten ein Pokerface an den Tag legen möchten. Halten Sie sich vor Augen: Sie können mit und trotz Ihrer körperlichen Symptome sozial erfolgreich handeln. Lenken Sie durch Ihr kompetentes Verhalten trotz eines gewissen inneren Unwohlseins die Aufmerksamkeit der anderen auf das, worauf Sie gerade den Schwerpunkt legen. 

 

5.  Achtsamkeit üben, Akzeptanz fördern: Lassen Sie Ihre Körperempfindungen, Gedanken, Vorstellungen und Gefühle ohne Bewertung achtsam zu, statt ständig dagegen anzukämpfen. 


Menschen mit einer Sozialen Phobie werden in sozialen Situationen von negativen Gedanken, Katastrophen-Vorstellungen, unangenehmen Gefühlszuständen und belastenden körperlichen Beschwerden geplagt. Die Betroffenen möchten diese Zustände mit allen möglichen Mitteln unbedingt loswerden, in der falschen Annahme, dass sie erst danach vor anderen Menschen sicher auftreten und erfolgreich handeln können. Sie verbrauchen im ständigen Kampf gegen sich selbst enorm viel Energie, die sie lieber zur Befriedigung ihrer Wünsche und Bedürfnisse einsetzen sollten. 

Die Achtsamkeitstherapie sowie eine neuere Richtung innerhalb der Verhaltenstherapie, die Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT), verbreiten dagegen eine völlig andere Botschaft: Man kann auch mit und trotz Angst und Furcht in sozialen Situationen erfolgreich handeln, wenn einem ein ganz bestimmtes Anliegen sehr wichtig ist. Angstvermeidung wird als Gefühls- und Erlebnisvermeidung betrachtet und damit als folgenschwerer Verzicht auf die Chance bereichernder Lebenserfahrungen. Was bedeutet das für Sie ganz konkret? 

Das Grundproblem sind nicht Ihre unangenehmen Gedanken, Vorstellungen, Gefühle und Körpersymptome, sondern der Umstand, dass Sie diese mit realer Gefahr in sozialen Situationen gleichsetzen und entsprechend voreilig reagieren, statt in Ruhe abzuwarten, um dann nach Ihren Bedürfnissen, Werten und Zielen zu handeln. Sie müssen nicht immer Ihre negativen Gedanken „kognitiv umstrukturieren“, wie dies in der Verhaltenstherapie genannt wird, es reicht oft schon aus, dass Sie Ihre unangenehmen Gedanken, Vorstellungen, Gefühle und Körperempfindungen einfach nur wahrnehmen und als momentan gegeben akzeptieren, ohne sich von ihnen in sozialen Situationen steuern zu lassen.

Folgende Ratschläge können hilfreich sein: 

-          Akzeptieren Sie Ihre Angst und Furcht in sozialen Situationen. Betrachten Sie Ihre sozialen Ängste nicht als Schwäche, sondern als Ausdruck der Bedrohung Ihrer Grundbedürfnisse nach Selbstwertstärkung und Geborgenheit in sozialen Situationen. Wenn Sie nicht mehr gegen Ihre sozialen Ängste kämpfen, können Sie mit Ihrer Angst und Furcht all das tun, was Ihnen wichtig ist. Lernen Sie von psychisch gesunden Menschen, die in bestimmten sozialen Situationen ähnliche Ängste wie Sie haben, etwa nicht gut anzukommen, zu versagen oder sich zu blamieren, sich dadurch jedoch nicht einschränken lassen, sondern sich auf das konzentrieren, was sie wichtig finden und erreichen möchten. 

-          Nehmen Sie Ihre Körpersymptome achtsam wahr. Ihre körperlichen Symptome entsprechen dem Ausmaß Ihrer Angst und Furcht in sozialen Situationen; sie sind völlig normal, solange Sie sich tatsächlich hinsichtlich Ihrer Grundbedürfnisse bedroht erleben. Nehmen Sie Ihre körperlichen Empfindungen, wie etwa Herzklopfen, Schwitzen, Erröten, Atemnot, zugeschnürte Kehle, Mundtrockenheit, Übelkeit, Harndrang, Schwindel oder Händezittern, achtsam, das heißt nicht bewertend, wahr, ähnlich wie dies auch bei allen anderen Angststörungen ausführlich beschrieben wird. Andere Menschen sagen sich bezüglich wichtiger sozialer Auftritte einfach nur: „Ich bin etwas aufgeregt“, Sozialphobiker sagen dagegen: „Ich bin voll Angst, Furcht und Panik, in diesem Zustand kann ich nicht handeln wie ich möchte.“ Erst durch die angstmachenden Bewertungen werden daraus unerträgliche Symptome mit großem Leidensdruck. Nicht die Symptome an sich, sondern erst die ängstliche Selbstbeobachtung, die katastrophisierende Bewertung und die ständigen Kontrollversuche der körperlichen und psychischen Symptome, das heißt die falschen Problembewältigungsversuche, beeinträchtigen das Wohlbefinden in sozialen Situationen. 

-          Setzen Sie Gedanken und Vorstellungen nicht mit der Realität gleich. Ihre Gedanken und Vorstellungen drehen sich in sozialen Situationen verständlicherweise um die Bedrohung Ihrer Grundbedürfnisse hinsichtlich Geborgenheit und Selbstwerterhöhung bzw. Selbstwertschutz. Akzeptieren Sie den Umstand, dass Sie sich die jeweiligen Bedrohungsszenarien so bildhaft vorstellen können, als würde es sich dabei schon um die Wirklichkeit handeln. Halten Sie sich jedoch immer wieder vor Augen: Gedanken sind nur Gedanken, Vorstellungen sind nur Vorstellungen, Erinnerungen sind nur Erinnerungen. Es handelt sich dabei nicht um die äußere Realität, sondern um Ihr „Kopfkino“, das den Kampf-Flucht-Mechanismus im Sinn einer Fluchtreaktion aus der sozialen Situation aktiviert, ohne dass tatsächlich eine äußere Bedrohung besteht. Sie müssen in sozialen Situationen nicht immer „positiv“ denken oder „falsche“ Gedanken durch „richtige“ ersetzen. Das Grundproblem in sozialen Situationen sind nicht Ihre negativen und unrealistischen Gedanken an sich („Ich werde mich blamieren und versagen“, „Die anderen werden mich ablehnen“), sondern vielmehr Ihre Überzeugung, dass es sich dabei um die Wirklichkeit, um die Wahrheit handelt, sodass Sie auch dementsprechend reagieren. Werden Sie zum distanzierten, nicht wertenden Beobachter Ihrer Person, indem Sie Ihr inneres Erleben einerseits akzeptierend wahrnehmen und formulieren („Ich habe jetzt den Gedanken zu versagen und die Vorstellung, mich zu blamieren“) und andererseits nicht mit der Realität gleichsetzen („Das sind nur meine Gedanken und Vorstellungen, sie sind nur mein momentaner Eindruck von der Realität, sie entsprechen jedoch nicht der Wirklichkeit“). 

-          Gehen Sie auf Distanz zu Ihrem negativen Selbstbild. Wir verhalten uns in sozialen Situationen auf der Basis unseres Selbstbilds. Wenn wir überzeugt sind, dass wir liebenswert, attraktiv, kommunikativ und kompetent sind, werden wir uns den anderen gegenüber auch so verhalten. Menschen mit einer Sozialen Phobie setzen reale Schwächen und vermeintliche Defizite mit ihrer ganzen Person gleich (“Ich bin ein Versager“, „Ich bin unsympathisch und unfähig“, „Ich wirke abstoßend und mitleiderregend“); sie verhalten sich dann anderen Menschen gegenüber auch in dieser Weise, das heißt, sie erwarten nichts anderes als die Bestätigung ihres negativen Selbstbildes, obwohl sie gleichzeitig nichts mehr fürchten als gerade das. Erstellen Sie eine Hitliste der zehn häufigsten negativen Selbstaussagen (z.B. „Als Frau bin ich völlig unattraktiv“, „Als Mann bin ich ein kompletter Versager“, „Ich bin ein unmöglicher Typ, der bei anderen nie ankommen wird“, „Ich bin viel zu schüchtern und ängstlich, um in Gruppensituationen bestehen zu können“), lassen Sie diese dann vor Ihrem inneren Auge vorbeiziehen wie Werbebotschaften auf dem Fernsehmonitor und gehen Sie in einer neutralen Beobachterposition dazu auf kritische Distanz. Halten Sie sich in sozialen Situationen stets vor Augen: Sie sind mehr als das, was Sie gerade von sich denken, wie Sie sich momentan innerlich fühlen und wie Sie in einer bestimmten Situation auf andere wirken. Auf diese Weise entkommen Sie der Gefahr einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Noch ein Tipp: Wagen Sie in sozialen Situationen neue Verhaltensweisen, dann werden Sie ein besseres Selbstbild gewinnen, das Sie sozial kompetenter erscheinen lässt. Wie wäre es, wenn Sie sich probeweise einmal ein attraktives Outfit zulegen und in dieser Form in sozialen Situationen auftreten würden? Und warten Sie dann darauf, wie die anderen auf Sie reagieren werden.

-          Unterscheiden Sie zwischen Ihren Gefühlen und der Wirklichkeit. Akzeptieren Sie Ihre Gefühle in ähnlicher Weise wie Ihre Gedanken. Gefühle sind einfach nur Gefühle und spiegeln nicht die objektive Realität wider, auch wenn „Bauchgefühle“ öfter viel mehr erkennen als der bewusste Verstand. Sobald Sie Ihre Gefühle fälschlich mit der äußeren Realität gleichsetzen, fürchten Sie sich vor den Reaktionen der anderen. Menschen mit krankheitswertigen Ängsten, vor allem auch mit sozialen Ängsten, unterliegen dem Mechanismus der emotionalen Beweisführung. Sie schließen von ihrer inneren Befindlichkeit auf die äußere Realität. Weil sie sich in einer sozialen Situation schlecht fühlen, kommen sie angeblich bei den anderen gerade nicht gut an. Weil sie vor einer Prüfung trotz intensiven Lernens ein schlechtes Gefühl haben, werden sie eine schlechte oder gar negative Note bekommen. Bedenken Sie: Sie sind oft viel besser, als Sie sich fühlen. Sie können körperlich und psychisch stark abgespannt sein und dennoch fachlich gut sein. Sie können sich in sozialen Situationen von anderen missachtet oder abgelehnt fühlen, tatsächlich jedoch nach Meinung Außenstehender sehr gut ankommen und äußerst beliebt sein. Sie können sich bei einem Date sehr nervös und unsicher fühlen, bei der anderen Person aber dennoch viel Sympathie erwecken. 

-          Handeln Sie auf der Grundlage Ihrer Bedürfnisse und Werte. Wie bei anderen krankheitswertigen Ängsten haben Sie auch bei einer Sozialen Phobie keine ausreichende Kontrolle über Ihre Gedanken, Vorstellungen, Gefühle und Körpersymptome. Sie haben jedoch trotz Angst und Furcht ausreichenden Einfluss auf Ihr Verhalten, so zu handeln, wie es Ihren Bedürfnissen, Werten und Zielen entspricht. Sie müssen sich nicht immer wohlfühlen oder angstfrei erleben, bevor Sie in sozialen Situationen erfolgreich handeln können. Welche sozialen Aktivitäten möchten Sie zukünftig ausbauen? Was möchten Sie mit anderen zusammen aufgrund Ihrer Bedürfnisse und Interessen gerne tun? Was ermöglicht Ihnen einen Dopamin-Kick, der stärker ist als Ihr Angst- und Stresssystem? Mit welchen Personen, die Ihnen Vertrauen und Geborgenheit vermitteln, möchten Sie sich zukünftig öfter in Fortbildungs-, Sport-, Tanz- oder Reisegruppen treffen? Besinnen Sie sich auf die Befriedigung Ihrer Grundbedürfnisse und Werte, die Ihr Leben sinnvoll machen, dann stellen Sie automatisch das in den Vordergrund, was Sie erreichen möchten, und nicht das, was Sie vermeiden möchten. 

 

6.  Gefürchtete Zustände provozieren: Lernen Sie einen besseren Umgang mit jenen Befindlichkeiten, die Sie am meisten fürchten. 


Menschen mit einer Sozialen Phobie fürchten vor allem auch wegen bestimmter körperlicher Symptome wie Schwitzen, Erröten, Zittern oder starkem Harndrang mit häufigem Toilettenbesuch unangenehm aufzufallen. Die Betroffenen gehen davon aus, dass die anderen sie deswegen für „nervenschwach“ oder „psychisch angeschlagen“ halten könnten. Das Motto lautet daher: Vermeiden, Unterdrücken und Kontrollieren um jeden Preis! Auf diese Weise werden die sozialen Ängste jedoch nicht schwächer, sondern aufgrund der damit einhergehenden inneren Anspannung noch viel stärker. 

Folgende Ratschläge können hilfreich sein:

-          Nutzen Sie die Technik der Paradoxen Intention. Verstärken Sie absichtlich jene körperlichen Symptome, die Sie am meisten fürchten. Das bezeichnet man als Paradoxe Intention, weil Sie Ihre Symptome absichtlich provozieren und sogar übertreiben, statt wie bisher unterdrücken. Beobachten Sie dabei auch ganz bewusst die Reaktionen der anwesenden Personen. Trinken Sie bei Angst vor dem Erröten absichtlich ein heißes Getränk, etwas Wein bzw. Sekt oder stellen Sie sich typische Situationen vor, in denen Sie regelmäßig rot werden. Ziehen Sie sich bei Angst vor sichtbarem Schwitzen zu warme Kleidung an, aber auch solche, bei denen man die Schweißflecken besser sehen kann, oder benetzen Sie Ihr Gesicht mit etwas Wasser, um Schweißflecken zu simulieren. Greifen Sie bei Angst vor Händezittern (meistens geht es nur um die dominante Hand) bewusst zum Suppenlöffel, zur Kaffeetasse und zum Wasser- bzw. Sektglas und verhalten Sie sich absichtlich etwas nervös. Trinken Sie bei Angst vor Harndrang mehr als sonst, damit Sie öfter auf die Toilette gehen müssen. Machen Sie bei Angst vor Fehlern absichtlich einen kleinen Fehler, um mit Ihrer Angst vor Kritik besser umgehen zu lernen. 

-          Bringen Sie Ihre Symptome in bestimmten Situationen bewusst zur Sprache. Teilen Sie zumindest bestimmten Personen mit, dass Sie unter Schwitzen, Zittern oder Erröten leiden. Üben Sie sich in entwaffnender Selbstoffenbarung, etwa so: „Jetzt komme ich richtig ins Schwitzen“, „Wenn ich unsicher bzw. verlegen werde, werde ich leicht rot“, „Wenn ich innerlich angespannt bin, beginnen meine rechte Hand und mein rechter Arm öfter zu zittern“, „Manchmal verhalte ich mich richtig schüchtern.“ Wenn bei den durchgeführten paradoxen Übungen niemand den gefürchteten Sachverhalt anspricht, treten Sie die Flucht nach vorne an und stellen Sie Fragen wie: „Hast du gemerkt, wie leicht ich rot werde, zu schwitzen bzw. zu zittern anfange?“ 

-          Provozieren Sie Ihre Symptome durch erhöhte Selbstbeobachtung. Beobachten Sie sich anfangs in „sicheren“ und später auch in „unsicheren“ sozialen Situationen in jener ängstlich-kritischen Weise, wie Sie dies auch sonst tun. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf jene Körperbereiche, die Sie unter totaler Kontrolle haben möchten. Erforschen Sie dabei, wie Ihr Geist und Ihr Körper die gefürchteten Symptome hervorbringen – bis Ihr Organismus dies plötzlich nicht mehr schafft, weil Sie sich nicht mehr so wie bisher vor den Symptomen fürchten. 

-          Zeigen Sie die Bereitschaft zu Mutproben und Verhaltensexperimenten. Verhalten Sie sich immer sehr angepasst und unauffällig? Beneiden Sie gleichzeitig Menschen, die mehr auf ihre Bedürfnisse achten, als Sie es tun? Nutzen Sie bestimmte Mittelpunktsübungen und kleine Blamierübungen, um Ihre sozialen Befürchtungen zu überprüfen. Sie werden dabei die Erfahrung machen, dass alles nicht so schlimm ist, wie Sie bisher gedacht haben. Legen Sie bewusst ein auffälliges Verhalten an den Tag und fallen Sie einmal absichtlich aus der Rolle. Tun Sie öfter etwas, was Ihnen und auch vielen anderen Menschen ein wenig peinlich ist. Lassen Sie in einem Lokal den Löffel fallen oder verschütten Sie etwas Wasser oder Zucker. Reden Sie lauter als sonst in einem öffentlichen Verkehrsmittel. Kleiden Sie sich einmal auffälliger als bisher. Drängen Sie sich bei einer Schlange im Supermarkt vor, unter Verweis darauf, dass Sie nur zwei Artikel haben. Legen Sie bei der Supermarktkasse einige Gegenstände zurück, weil Sie angeblich nicht so viel Geld mithaben. Kommen Sie bei einer Veranstaltung einmal absichtlich einige Minuten zu spät, sodass Sie auffallen. Machen Sie jedoch vor lauter Übermut keine Übungen, die sich hinterher als Bumerang herausstellen, etwa in Form einer erheblichen Befindlichkeitsverschlechterung oder wegen der möglichen negativen sozialen Folgen im Beruf oder in Ihrem unmittelbaren Lebensumfeld. Also bitte nicht in einem Karnevalskostüm, Clownnase, grünen Haaren und rotem Schirm bei Sonnenschein im Mai herumspazieren! Sie könnten sonst für eine „verrückte“ Person gehalten werden. 

 

7.  Sich selbst coachen: Führen Sie hilfreiche Selbstgespräche. 


Menschen mit einer Sozialen Phobie fühlen sich den Blicken und Gedanken der anderen hilflos ausgeliefert. Es fehlt die soziale Unterstützung durch Vertrauenspersonen. In dieser Situation ist es hilfreich, sich selbst zu coachen, um dem Druck von Furcht und Angst besser widerstehen zu können. Sehr wirksam ist auch die mentale Verbundenheit mit einer Vertrauensperson, von der man sich innerlich so coachen lässt, als wäre sie anwesend. 

Folgende Ratschläge können hilfreich sein:

-          Führen Sie hilfreiche Selbstgespräche angesichts Ihrer typischen Symptome. Coachen Sie sich so oder ähnlich: „Mein Erröten, Schwitzen oder Zittern kommt und geht. Ich habe es nicht unter Kontrolle. Ich konzentriere mich ganz auf das Gespräch, um meine Ziele zu erreichen“, „Ich möchte zukünftig spontan und echt auftreten, ohne meine Symptome unter Kontrolle zu halten“, „Ich kann innerlich sehr angespannt sein und dennoch mein Bestes geben“, „Ich spüre das Klopfen meines Herzens, den Druck auf meiner Brust, den trockenen Mund, das flaue Gefühl im Magen und das zunehmende Schwindelgefühl, doch das ist nicht gefährlich, ich konzentriere mich daher so gut wie möglich auf meinen Gesprächspartner bzw. die Gruppensituation“, „Ich bin bereit, mich so zu zeigen, wie ich bin, und das zu tun, was mir wichtig ist, wenn es sein muss, auch mit meinen Symptomen.“

-          Coachen Sie Ihr Verhalten, während Sie Ihre Gefühle zulassen. Ermutigen Sie sich mit aufbauenden Worten: „Ich kann trotz meiner Versagensängste erfolgreich handeln“, „Ich habe Angst, unangenehm aufzufallen, ich möchte jedoch die Chance nutzen, meine Meinung zu sagen bzw. etwas Neues auszuprobieren“, „Ich möchte jetzt meine Meinung sagen, auch wenn ich mich vor Kritik fürchte, außerdem kann ich durch jede kritische Rückmeldung etwas dazulernen“, „Auch wenn ich mich innerlich schlecht fühle, kann ich nach außen hin einen guten Eindruck machen, wenn ich jetzt das tue, was mir wichtig ist“, „Ich möchte echt und spontan sein, alle aufkommenden Gefühle zulassen und auf jede Kontrolle im Sinn eines guten Eindrucks verzichten.“ 

-          Halten Sie sich bei Ihren Selbstanweisungen immer Ihre Ziele vor Augen. Fokussieren Sie Ihre Aufmerksamkeit mithilfe Ihrer Worte auf das, was Sie erreichen möchten, etwa so: „Ich konzentriere mich ganz auf das, was mir wichtig ist, auch wenn ich am liebsten den anderen alles recht machen möchte“, „Ich will jetzt meine Meinung sagen bzw. eine Person des anderen Geschlechts ansprechen, auch wenn ich ein schüchterner Mensch bin“, „Ich gehe jetzt zu dieser Veranstaltung, auch wenn mich dort einige Leute vielleicht nicht mögen“, „Ich tue jetzt das, was ich mir vorgenommen habe, egal, was die anderen dazu denken“, „Ich spreche bestimmte Menschen an, auch wenn mir diese kritisch gegenüberstehen sollten“, „Ich möchte mit dieser Person Kontakt aufnehmen, auch wenn ich nicht weiß, ob sie mit mir sprechen will“, „Ich merke gerade, dass ich unter starker Angst nicht klar denken kann, ich besinne mich daher auf das, was ich mir vorher in Ruhe vorgenommen habe, und handle dann nach meinen Plänen.“ 

-          Distanzieren Sie sich mit treffenden Worten von der Gleichsetzung Ihrer Gedanken und Vorstellungen mit der Realität. Halten Sie sich immer wieder den Grundgedanken der Achtsamkeitstherapie vor Augen, etwa so: „Ich merke jetzt, wie mir diese Gedanken und Vorstellungen Angst und Furcht einjagen, doch das sind nur meine momentanen Gedanken und Vorstellungen, die nichts mit der Realität zu tun haben“, „Es wäre schlimm, wenn das jetzt eintreten würde, was ich fürchte, doch es sind nur meine Gedanken, Vorstellungen und Körpersymptome, die mir zu schaffen machen.“ 

 

8.     Mental trainieren: Üben Sie erfolgreiches Handeln in der Vorstellung. 


Menschen mit einer Sozialen Phobie lassen sich von ihren bildhaften Vorstellungen von Kritik, Blamage, Versagen und Ablehnung abschrecken, jene Dinge zu tun, die sie aufgrund ihrer Wünsche und Bedürfnisse eigentlich gerne tun möchten. Mentales Training stellt in diesem Fall eine ausgezeichnete Möglichkeit dar, den besseren Umgang mit sozialen Situationen vorerst einmal in der Vorstellung zu trainieren und sich auf gefürchtete Probleme bestmöglich vorzubereiten. 

Folgende Ratschläge können hilfreich sein:

-          Visualisieren Sie Erfolgserlebnisse in sozialen Situationen. Wählen Sie der Reihe nach Situationen aus, in denen Sie sozial erfolgreich auftreten möchten, etwa bei einem Vortrag, einer Prüfung, einer Bewerbungssituation, einer Gruppendiskussion, einer Kontaktaufnahme mit fremden Menschen oder einer Selbstbehauptung gegenüber Personen in der Familie bzw. im Beruf. Spielen Sie jede Szene vor Ihrem inneren Auge im Zeitlupentempo so durch, dass Sie sich dabei im gewünschten Sinn von außen als erfolgreich handelnde Person betrachten. Versetzen Sie sich danach im Sinn des Mentalen Trainings in jede soziale Situation so lebhaft hinein, als wäre diese gerade Realität, und gehen Sie in dieser Szene voll und ganz auf, mit sich selbst als Darstellerin und nicht mehr nur als Beobachterin. 

-          Stellen Sie sich gefürchtete Situationen bewältigbar vor. Versetzen Sie sich im Laufe der Zeit in jedes soziale Worst-Case-Szenario und finden Sie dabei jeweils Möglichkeiten, wie Sie trotz realer oder nur gefürchteter Probleme schließlich doch im Sinn Ihrer Ziele mehr oder weniger erfolgreich handeln können. Spielen Sie Ihre schlimmsten Befürchtungen bis zum Ende durch. Lassen Sie die größte Katastrophe mental zu und finden Sie danach mehrere Wege, wie Sie nach Kritik, Blamage, Versagen oder Ablehnung dennoch weiterleben können. Je besser Sie sich auf diese Weise jenseits der sozialen Horrorszenarien visualisieren können, umso leichter können Sie sich auf andere Menschen einlassen können. 

-          Erinnern Sie sich möglichst bildhaft an frühere Erfolgserlebnisse. Lassen Sie einen Erfolgsfilm aus der Vergangenheit vor Ihrem inneren Auge so ablaufen, als würden Sie die damaligen Ereignisse gerade neuerlich erleben. Auf diese Weise finden Sie Zugang zu Ihren Stärken und Erfolgserlebnissen und verbessern damit auch Ihr Vertrauen in Ihre Fähigkeiten. Vergegenwärtigen Sie sich auch möglichst bildhaft, wie Sie einige zuerst gefürchtete soziale Situationen schließlich doch erfolgreich bewältigt haben.

-          Vergegenwärtigen Sie sich in subjektiv unsicheren sozialen Situationen mental die Geborgenheit bei Ihren wichtigsten Bezugspersonen. Imaginieren Sie in sozialen Situationen, in denen Sie sich nicht wohl fühlen, die Geborgenheit bei bestimmten Vertrauenspersonen und holen Sie diese bildhaft gleichsam an Ihre Seite, als wären sie zu Ihrer Unterstützung tatsächlich anwesend. Diesen Coaching-Effekt können Sie fördern durch bestimmte Symbole, wie etwa ein Bild oder einen Gegenstand jener Personen, die Ihnen Liebe, Geborgenheit, Halt und Sicherheit in Ihrem Leben bieten. 

 

9.  Mutig konfrontieren: Stellen Sie sich in der Realität allen gefürchteten Situationen, um positive Erfahrungen zu machen. 


Soziale Ängste lassen sich nicht allein durch Änderung der Denkmuster, wirksame Entspannungstechniken, mehr Achtsamkeit, Paradoxe Intention und Mentales Training überwinden, sondern vor allem durch die regelmäßige Konfrontation mit bislang gefürchteten, persönlich jedoch als bedeutsam erachteten sozialen Situationen. 

Neue Verhaltensweisen, nämlich das konsequente Sich-Einlassen auf bislang gefürchtete soziale Situationen und der sukzessive Verzicht auf alle Kontroll- oder Vermeidungsstrategien, führen zu positiven Erfahrungen, die den bisherigen negativen Erwartungen widersprechen und dadurch neue und hilfreichere Sichtweisen und Einstellungen ermöglichen. 

Folgende Ratschläge können hilfreich sein:

-          Konfrontieren Sie sich mit allen sozialen Situationen, die Ihnen wichtig sind. Bei einer sozialen Konfrontationstherapie wirkt nicht erst die Konfrontation mit den daraus resultierenden Erfolgserlebnissen heilsam, sondern bereits die Bereitschaft, sich auf alle angstmachenden sozialen Situationen voll und ganz einzulassen, weil diese aufgrund Ihrer Bedürfnisse von großer persönlicher Bedeutung sind. Bei der regelmäßigen Konfrontation mit bislang gefürchteten Situationen steht nicht primär der Abbau von Angst und Furcht, sondern vielmehr die bessere Befriedigung der Grundbedürfnisse nach sozialem Kontakt, sozialer Anerkennung und erfreulichen Erlebnissen mit anderen Menschen im Vordergrund. Wählen Sie aus einer Liste von gefürchteten sozialen Situationen jene aus, mit denen Sie zuerst besser zurechtkommen möchten, sei dies, weil diese leichter erfolgreich zu bewältigen sind, oder sei dies, weil diese für Sie von größerer Bedeutung sind. Stellen Sie sich anfangs vor allem jenen sozialen Situationen, mit denen Sie zumindest im Rahmen des Mentalen Trainings einigermaßen gut zurechtgekommen sind, oder die für Sie im Moment von besonderer Bedeutung sind. Es geht bei krankheitswertiger sozialer Angst und Furcht nicht darum, im Rahmen von Konfrontationsübungen die größtmögliche Angst zu provozieren, mit dem Ziel, sich im Laufe der Zeit daran zu gewöhnen. Es ist erwiesen, dass bei starker Angst und generell zu großer Erregung von Körper, Geist und Psyche kein sinnvolles Lernen möglich ist, wie bei der Agoraphobie-Behandlung bereits dargelegt wurde, zudem kann dadurch eine soziale Traumatisierung und damit eine Befindlichkeitsverschlechterung ausgelöst werden. Es geht vor allem um anhaltende Erfolgserlebnisse im sozialen Situationen, nach dem amerikanischen Spruch: „Nichts macht so erfolgreich wie der Erfolg.“ Der Aufbau positiver Erwartungen anstelle von permanenten Befürchtungen ist der entscheidende Veränderungsaspekt bei sozialen Ängsten. In diesem Sinn geht es überhaupt nicht um einen Kampf gegen Ihre sozialen Ängste, sondern für Ihre Ziele in Richtung eines erfüllteren sozialen Lebens als bisher. 

-          Achten Sie auf eine bessere soziale Integration. Suchen Sie trotz Ihrer sozialen Ängste schon jetzt nach einer passenden Partnerschaft, falls Sie unfreiwillig single sind, nach beruflichen Fortbildungs- bzw. Aufstiegsmöglichkeiten, falls Sie Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt nicht ausreichend wahrnehmen, nach einem Anschluss in verschiedenen Gruppen, falls Sie engere soziale Kontakte außerhalb der Verwandtschaft vermeiden, nach passenden Freizeitaktivitäten, etwa in Form von Kursen oder sportlicher Betätigung, um vorerst zumindest in diesem Rahmen mehr soziale Kontakte aufzubauen, nach passenden Gruppentherapien, um auf diese Weise wenigstens Menschen kennenzulernen, die ähnliche Probleme wie Sie haben. 

-          Verbessern Sie Ihre sozialen Fertigkeiten. Bei sozialen Defiziten ist die Konfrontation mit sozialen Situationen allein oft nicht ausreichend für anhaltende Erfolgserlebnisse, weil dies leicht zu negativen sozialen Erfahrungen führen könnte. Ein soziales Kompetenztraining im Rahmen von eigenständigen Bemühungen oder in Form von speziellen Kursen kann sehr hilfreich sein. Es geht dabei vor allem um die Erlernung oder Verbesserung folgender Fertigkeiten: berechtigte Forderungen stellen, unangebrachte Bitten oder Forderungen anderer zurückweisen, angemessene Kritik äußern, erlebte Kritik und Ablehnung tolerieren, Nein sagen und sich anderen gegenüber abgrenzen, öffentliche Beachtung aushalten, in Gruppensituationen das Wort ergreifen und seine Überzeugungen offen vertreten, soziale Konflikte bewältigen, Kontakte anbahnen und aufrechterhalten, Personen des anderen Geschlechts ansprechen. Welche der genannten sozialen Fertigkeiten sollten Sie intensiv trainieren? Soziale Defizite wurden bei Menschen mit Sozialer Phobie früher überbetont. Tatsächlich besteht oft eine durchaus ausreichende soziale Kompetenz, die jedoch aus Angst vor den gefürchteten Auswirkungen in Partnerschaft, Familie, Beruf und sonstigen Sozialkontakten nicht umgesetzt wird, etwa wegen Angst vor Kritik oder gar Liebesverlust. Selbst Menschen mit hoher sozialer Kompetenz können eine starke Angst vor Kritik und Ablehnung haben. Wer es allen Menschen recht machen möchte, um von diesen akzeptiert oder gar geliebt zu werden, kann niemals erfolgreich seine eigenen Interessen vertreten, wenn diese im Widerspruch zu den Absichten der anderen stehen. In der Sprache der Grundbedürfnisse formuliert: Wer stets das Grundbedürfnis der Geborgenheit im Kreis der sozialen Umwelt in den Mittelpunkt stellt, kann nicht gleichzeitig auch sein Grundbedürfnis nach Selbstwertbestätigung bzw. Kontrolle und Autonomie verfolgen. 

 

10.  Gefühle und Beziehungsprobleme bewältigen: Finden Sie Lösungen für die tieferen Hintergründe Ihrer Ängste. 


Viele Menschen mit sozialen Ängsten haben ein geringes Selbstwertgefühl, das die Entwicklung einer Sozialen Phobie begünstigt, oft schon zu Beginn der Pubertät, mit erheblichen Auswirkungen auf Partnerschaft, Familie und Beruf. Nicht wenige sozialängstliche Personen leben aufgrund ihres Single-Daseins auch als Erwachsene noch immer im Elternhaus, bei mangelnder Abgrenzung von Mutter oder Vater. Nicht wenige Betroffene befinden sich wegen ihrer Konfliktscheuheit oder wegen ihres negativen Selbstbilds, keinen besseren Partner zu finden bzw. zu verdienen, in unbefriedigenden sozialen Beziehungen, oder leiden unter starken Gefühlsambivalenzen, etwa am Bedürfnis nach Nähe bei gleichzeitiger Angst davor. 

Zahlreiche sozialphobische Männer betreiben seit dem Jugendalter einen zunehmenden Alkoholmissbrauch mit dem Ziel, dadurch weniger schüchtern oder weniger ängstlich zu wirken und auf diese Weise leichter soziale Kontakte aufbauen zu können, was im Fall einer späteren Alkoholabhängigkeit erst recht zu massiven Beziehungsproblemen führt. 

Folgende Ratschläge können hilfreich sein: 

-          Klären Sie manifest oder latent vorhandene soziale Beziehungsprobleme. Vertreten Sie im Bewusstsein Ihrer Wünsche und Bedürfnisse Ihre Anliegen in Partnerschaft, Familie und Beruf, auch wenn Sie Angst vor den Folgen haben. 

-          Grenzen Sie sich stärker von engen Bezugspersonen ab. Achten Sie stärker auf Ihre Bedürfnisse statt einseitig auf die Bedürfnisse Ihrer Eltern, Kinder oder Ihres Partners bzw. Ihrer Partnerin, auch wenn dies vorübergehend zu Spannungen und Konflikten führen kann, weil die anderen Sie bisher so nicht kennengelernt haben. 

-          Unterscheiden Sie zwischen real erlebter und befürchteter sozialer Kritik und Ablehnung. Lernen Sie im Bedarfsfall, die lebensgeschichtlichen Erfahrungen von Blamage, Kritik, Ablehnung, Bloßgestellt- und Ausgeschlossen-Werden im Rahmen einer Psychotherapie oder aus eigener Kraft so zu verarbeiten, damit diese nicht das ganze weitere Leben die Grundlage für anhaltende Erwartungsängste darstellen. 

-          Akzeptieren Sie alle auftretenden Gefühle und tun Sie das, was Ihnen wichtig ist. Typisch sind außer Angst und Furcht vor allem Gefühle von Scham, Peinlichkeit, Verlegenheit, Verletzlichkeit, Gekränktsein, Hilflosigkeit, Ohnmacht anderen gegenüber, Neid auf andere, Enttäuschung oder Ärger in Bezug auf sich selbst. 

 

 

Gesundes Vermeidungsverhalten beachten: Meiden Sie bewusst bestimmte soziale Kontakte und Situationen, in denen Sie sich auch ohne Angst nicht wohlfühlen 

 

Eine Verbesserung Ihrer sozialen Kompetenz ist heutzutage von großer Bedeutung, wenn Sie im Leben das erreichen möchten, was Ihnen wichtig ist. 

Achten Sie bei aller Bereitschaft zu einem besseren Sozialverhalten jedoch auch auf ein gesundes Vermeidungsverhalten. Überfordern Sie sich nicht durch Ihr Bemühen, ganz anders sein zu wollen als Sie sind. Stehen Sie dazu, dass Sie sich in bestimmten sozialen Situationen nicht so wohl fühlen wie andere Menschen. 

Folgende Ratschläge können hilfreich sein:

·           Entwickeln Sie Kriterien für ein gesundes Vermeidungsverhalten. Unterscheiden Sie alle sozialen Situationen in drei Kategorien: soziale Situationen, die Sie gerne aufsuchen möchten, weil Sie davon profitieren möchten; soziale Situationen, die Sie zwar nicht gerne aufsuchen, aber dennoch aufsuchen sollten, um keine sozialen Nachteile zu haben; soziale Situationen, die Sie weder aufsuchen möchten noch müssen, wenn diese für Sie keine persönliche Bedeutung und langfristig keine schädlichen Folgen haben. Die dritte Kategorie begründet ein gesundes Vermeidungsverhalten. Um welches ganz normale Vermeidungsverhalten, wie es auch bei anderen Menschen vorkommt, könnte es sich dabei in Ihrem Fall handeln? Typische Beispiele dafür sind: Kontakte mit Menschen, die Sie nicht mögen, Besuche bei Bekannten oder Verwandten, bei denen Sie sich einfach nicht wohlfühlen, Feierlichkeiten wie Geburtstags- oder Weihnachtsfeiern früher als andere verlassen, soziale Situationen vermeiden, bei denen viel Alkohol getrunken wird. 

·           Vermeiden Sie alles, was Sie in sozialen Situationen langfristig überfordert und erschöpft. Verzichten Sie darauf, es allen recht machen zu wollen, um beliebt und anerkannt zu sein. Gehen Sie auf Distanz zu Menschen, die Sie für ihre eigenen Zwecke ausbeuten. Das kann sonst langfristig zu einem erheblichen „sozialen Burn-out“ führen.
 

·           Vermeiden Sie alles, was nicht zu Ihnen passt. Sie müssen als Mann durch Selbsterziehung oder Therapie kein Partylöwe, Frauenheld oder großer Redner werden und als Frau keine elegante Lady, superschlanke und schlagfertige Frau werden, wenn Sie von Typ und Charakter her anders sind. Sie müssen auch nicht lernen, lautstark auf den Tisch zu hauen, wenn Sie von Natur aus ein eher ruhiger Mensch sind. Sie müssen sich auch im Beruf und in der Freizeit nicht absichtlich mehr als bisher in den Mittelpunkt drängen, wenn Sie gerne in der zweiten Reihe stehen. Es geht nicht darum, so zu werden, wie angeblich alle anderen sind und auch Sie sein sollten, sondern darum, Ihre persönlichen Möglichkeiten so zu erweitern, dass Sie und nicht die anderen mit Ihrer Person und Ihrem Verhalten zufrieden sind. 

 

 

Krank machendes Kontrollverhalten unterlassen: Reduzieren Sie die kritische Selbstbeobachtung und ständige Kontrolle Ihres Verhaltens 

 

Eine Phobie ist umso ausgeprägter, je stärker das Vermeidungsverhalten ist. Bei einer Sozialen Phobie ist kein permanentes Vermeidungsverhalten möglich, sodass die Betroffenen soziale Situationen oft unter großen körperlichen und psychischen Belastungen aushalten müssen. Menschen mit einer Sozialen Phobie verwenden daher alle möglichen Sicherheits- und Kontrollstrategien, um Kritik, Versagen, Ablehnung, Blamage und Peinlichkeit in sozialen Situationen zu verhindern, aber auch um gefürchtete sichtbare Körpersymptome wie Roten, Schwitzen oder Zittern zu unterdrücken.  

Kontroll- und Sicherheitsstrategien gelten neben Vermeidungsstrategien als Hauptursachen für das Weiterbestehen sozialer Ängste, weil die Betroffenen alle sozialen Erfolgserlebnisse letztlich den eingesetzten Methoden und nicht ihrer eigenen Persönlichkeit und ihren eigenen Bemühungen zuschreiben. 

Typisch sind folgende Sicherheits- und Kontrollstrategien: 

·           Erhöhte Selbstbeobachtung. Die Betroffenen entwickeln eine erhöhte Selbstaufmerksamkeit und beobachten sich ständig bei allem, was sie tun und sagen. Sie stehen gleichsam neben sich selbst, überwachen und kontrollieren ihr ganzes Verhalten, um keinen Anlass für soziale Kritik oder Peinlichkeit zu geben. Sie verlieren dabei ihre Spontaneität und entwickeln oft auch noch eine Konzentrationsstörung in Bezug auf die aktuelle Situation. 

·           Vorbeugungsmaßnahmen. Die Betroffenen bereiten sich auf soziale Situationen möglichst perfekt vor, um bei anderen einen guten Eindruck zu hinterlassen, um optimale Leistungen zu erzielen und um mögliche Fehler zu vermeiden. Auf diese Weise soll Anerkennung gesichert und mögliche Kritik vermindert werden. 

·           Unterdrückungsstrategien. Die Betroffenen möchten gefürchtete Symptome mithilfe bestimmter Tricks so gut wie möglich unterdrücken oder vermindern: bei Angst vor Erröten ein dickes Make-up auftragen, eine große Sonnenbrille verwenden, einen Bart wachsen lassen; bei Angst vor sichtbarem Schwitzen zur Kühlung ans Fenster setzen, den Raum vorher gut durchlüften, dunkle oder luftige Kleidung sowie ein Unterhemd mit hoher Saugkraft tragen und übermäßig viel Deo gegen unangenehmen Körpergeruch benutzen, bei Angst vor Händezittern das Glas bzw. die Tasse nur halbvoll füllen oder fest mit beiden Händen halten. 

·           Überspielungsversuche. Die Betroffenen möchten jede Unsicherheit mithilfe bestimmter Taktiken überkompensieren: viel reden, um die innere Unsicherheit zu überdecken, lauter als sonst sprechen oder sogar distanzlos reagieren, um eine vorhandene Schüchternheit zu verbergen, besonders lustig sein, um nicht gehemmt zu wirken, interessante Erzählungen und bestimmte Witze einbringen, um nicht als langweilig zu gelten, durch ein besonderes Outfit (Frisur, Kleidung) das Gefühl mangelnder Attraktivität wettmachen wollen, mit bestimmten Dingen prahlen (hohes Einkommen, tolles Auto), um das Gefühl der Unterlegenheit zu kaschieren. 

·           Erklärungs- und Entschuldigungsversuche. Die Betroffenen verwenden Ausreden und „Notlügen“, um sichtbare Symptome und auffälliges Verhalten in einem anderem Licht erscheinen zu lassen: Die Vermeidung von öffentlichem Essen wird mit Appetitmangel erklärt, ein soziales Vermeidungsverhalten wird mit mangelndem Interesse oder Unpässlichkeit begründet, Schwitzen oder Erröten wird auf Hitze oder ungewohnten Alkoholeinfluss zurückgeführt. 

·           Einsatz von Alkohol und Tranquilizern. Alkohol oder Beruhigungsmittel sollen körperlich und psychisch entspannend wirken, um nicht als schüchtern, unspontan oder „psychisch angeschlagen“ aufzufallen. Viele Männer mit einer Sozialen Phobie haben bereits seit dem Jugendalter den positiven Effekt von Alkohol in sozialen Situationen erlebt; sie wirken dadurch lockerer, spontaner und kreativer, weniger selbstkritisch und weniger selbstbeobachtend, auch leichter bereit, eine Person des anderen Geschlechts anzusprechen. 

·           Einsatz von Beta-Blockern. Bestimmte Blutdruckmittel, nämlich sogenannte Beta-Blocker, die spezielle Beta-Rezeptoren am Herzen blockieren, hemmen die Wirkung der Angst- und Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin und dämpfen dadurch Angst und Stress. Es handelt sich dabei um die Substanzen Propanolol (häufige Präparate Dociton und Inderal) und Bisoprolol (häufiges Präparat Concor), die im Sport als verbotene Dopingmittel gelten, weil sie die Herzfrequenz und die natürliche körperliche Anspannung senken und damit einen Leistungsvorteil ermöglichen. Sie werden bei starken Prüfungsängsten, Herzklopfen, psychogenem Zittern und Schwitzen in niedriger Dosis verschrieben. Diese Mittel gelten wegen der anspannungsreduzierenden Wirkung auch als „Musikerdroge“. 

Folgende Ratschläge können hilfreich sein:

·           Suchen Sie bislang gefürchtete soziale Situationen probeweise einmal ganz ohne Hilfsmittel auf und beobachten Sie, was passiert. Überprüfen Sie Ihre bisherigen Befürchtungen: Wagen Sie ein Experiment, indem Sie sich vor anderen einmal ganz ohne Kontroll- und Sicherheitsstrategien zeigen und werten Sie anschließend die gemachten Erfahrungen aus. Haben sich Ihre negativen Befürchtungen und Vorhersagen bewahrheitet? 

·           Reduzieren Sie im Laufe der Zeit Ihre typischen Kontroll- und Sicherheitsstrategien. Verlassen Sie sich zunehmend auf sich selbst und nicht auf bestimmte Hilfsmittel und Tricks. Seien Sie in sozialen Situationen echt und spontan statt überkontrolliert und unspontan. Soziale Erfolgserlebnisse ohne Sicherheitsverhalten stärken Ihr Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl, weil Sie die sichtbare Verbesserung Ihres Sozialverhaltens sich selbst und nicht zahlreichen Mitteln und Tricks zuschreiben. 

·           Stehen Sie zu Ihrer Persönlichkeit, mit allen Schwächen. Es ist ein Zeichen von Stärke, seine Schwächen und Defizite zu akzeptieren. Sagen Sie sich: „Ich nehme mich in sozialen Situationen so an, wie ich bin, ohne mich besser darstellen zu wollen, als ich bin“, „Ich kenne meine Schwächen und Defizite, aber auch meine Stärken“, „Ich bin bereit, mich so zu zeigen, wie ich bin. Es ist mir zwar nicht angenehm, aber die anderen dürfen ruhig sehen, wenn ich erröte, schwitze, zittere, stottere, verlegen oder nervös wirke“, „Okay, ich bin anders als viele andere Menschen, aber deswegen bin ich nicht schlechter“, „Ich stehe zu meiner Eigenart, die mich zumindest bei bestimmten Personen auch liebenswert macht.“
 

·           Verzichten Sie darauf, die Gedanken der anderen ständig überprüfen und in Ihrem Sinn beeinflussen zu wollen. Gestehen Sie sich ein, dass Sie soziale Anerkennung nicht erzwingen können. Akzeptieren Sie die Tatsache, dass Sie das Denken der anderen nicht im Sinn Ihrer Wünsche steuern können. Es stellt ein Kontrollverhalten dar, wenn Sie sich ständig fragen, was die anderen gerade über Sie denken, und wenn Sie alles Mögliche unternehmen, um die anderen zu einer positiven Meinung über Sie zu bringen. Tun Sie das, was Ihnen wichtig ist, ohne ständig die vermuteten Gedanken und befürchteten Reaktionen der anderen unter Ihre Kontrolle bekommen zu wollen. Die anderen haben ein Recht, so zu denken und zu regieren, wie sie dies tun, auch wenn Ihnen dies nicht gefällt. 

 

 

Krank machendes Vermeidungsverhalten überwinden: Vermeiden Sie nichts, was Sie mit anderen zusammen eigentlich gerne tun und erleben möchten

 

Menschen mit einer Sozialen Phobie vermeiden aus Angst vor Kritik, Versagen oder peinlicher Auffälligkeit alle möglichen Mittelpunktsituationen, in denen sie einer kritischen Beobachtung ausgesetzt sein könnten (z.B. direkten Blickkontakt, laut reden, in der Mitte eines Raumes sitzen, öffentliches Essen, Trinken oder Telefonieren, in einer Gruppe das Wort ergreifen, sogar persönliche Ehrungen oder die Feier des eigenen Geburtstags in größerem Rahmen), weiters viele Situationen, in denen sie eine Leistung vor anderen Menschen erbringen müssen (z.B. Prüfungen absolvieren, Vorträge halten, vor anderen Menschen spielen, singen, tanzen oder Sport ausüben), vor allem auch soziale Interaktionen, die mit emotionaler Nähe und engen Kontakten verbunden sind (z.B. Zweiergespräche, Gruppensituationen mit Interaktionscharakter, längeres Zusammensein mit unbekannten oder wenig vertrauten Personen, engere Kontakte mit dem anderen Geschlecht). 

Folgende Ratschläge können hilfreich sein: 

·           Vermeiden Sie das Vermeiden, wenn Sie dadurch soziale Nachteile erleiden. Konzentrieren Sie sich in sozialen Situationen auf das, was Sie aufgrund Ihrer Interessen und Fähigkeiten erleben können und erreichen möchten, statt darauf, was Sie aus Angst vor Kritik und Blamage um jeden Preis vermeiden wollen.

·           Konfrontieren Sie sich mit allen sozialen Situationen, die für Sie von großer Bedeutung sind. Stellen Sie zur Überwindung von gefürchteten sozialen Situationen jene Ziele in den Vordergrund, die bei Ihnen einen Dopamin-Kick auslösen. Vergegenwärtigen Sie sich die Geborgenheit bei bestimmten Vertrauenspersonen, was das Bindungshormon Oxytocin aktiviert. Verzichten Sie darauf, bei allen Menschen und sozialen Gruppen gleichermaßen Anerkennung und Geborgenheit finden zu wollen. 

·           Besinnen Sie sich auf Ihre Grundbedürfnisse nach Selbstwertstärkung und sozialer Geborgenheit. Stellen Sie Ihre Grundbedürfnisse nach Selbstwertbestätigung durch zahlreiche Erfolgserlebnisse sowie nach sozialer Geborgenheit bei jenen Menschen, die Ihnen wichtig sind, in den Vordergrund. Menschen mit Sozialer Phobie vermeiden viele Situationen, die ihr Grundbedürfnis nach Anerkennung und Selbstwertbestätigung gefährden könnten. Das ist durchaus verständlich. Bedenken Sie jedoch: Wenn Sie aus vermeintlichem Schutz Ihres Selbstwertgefühls soziale Situationen meiden in der Absicht, nicht emotional verletzt zu werden, können Sie weder Ihr Bedürfnis nach Selbstwertstärkung noch nach sozialer Geborgenheit befriedigen.