Furcht vor bestimmten Situationen

Furcht vor belastendem Unwohlsein oder körperlicher Bedrohung in bestimmten Situationen 

 

Eine Spezifische Phobie (Code: F40.2) ist eine deutliche Angst und Furcht vor einem bestimmten Objekt oder einer bestimmten Situation oder eine deutliche Vermeidung solcher Objekte oder Situationen, und zwar jeweils außerhalb einer Agoraphobie oder einer Sozialen Phobie. 

In den gefürchteten Situationen sind zu irgendeinem Zeitpunkt einige der bereits erwähnten 14 Angstsymptome aufgetreten, ohne dass eine bestimmte Art und Anzahl davon vorhanden sein müssen. 

Die Symptome von Angst und Furcht sind auf die gefürchteten Situationen oder auf die Gedanken daran beschränkt. 

Es besteht eine deutliche emotionale Belastung durch die Symptome und das Vermeidungsverhalten. 

Die Einsicht, dass die Symptome und das Vermeidungsverhalten übertrieben und unvernünftig sind, ist zwar vorhanden, kann jedoch nicht verhaltenswirksam umgesetzt werden. 

Das Ausmaß der eingetretenen Beeinträchtigung hängt vom Umstand ab, wie leicht bzw. schwer die Betroffenen die phobischen Objekte und Situationen vermeiden können. 

Das ICD-10 unterscheidet fünf Arten von Spezifischen Phobien:

Tier-Typ: Furcht vor Spinnen, Schlangen, Hunden oder Katzen.

Naturgewalten-Typ: Furcht vor Stürmen, Blitz, Donner, Wasser, Höhen oder Dunkelheit. 


Blut-Injektions-Verletzungs-Typ: Furcht vor Blut oder medizinischen Behandlungen (Blutabnahme, Vorsorgeimpfung, Zahnbehandlung). 


Situativer Typ („Klaustrophobie“): Furcht vor engen oder geschlossenen Räumen, z.B. Aufzug, Tunnel, Flugzeug, Verkehrsmittel. Mehrere davon sind noch keine Agoraphobie! 


Andere Typen: Furcht vor Erbrechen, Ersticken, Stürzen, Urinieren oder Defäzieren auf öffentlichen Toiletten, vor Prüfungen (ohne gleichzeitige Soziale Phobie) und vielen anderen Situationen. 

 

Spezifische Phobien entstehen gewöhnlich schon in der Kindheit oder im frühen Erwachsenenalter und können unbehandelt über Jahrzehnte bestehen bleiben.

Die Angst vor bestimmten Krankheiten, etwa eine Krebsangst (Carcinophobie), gilt als Hypochondrische Störung, weil es sich dabei nicht um externe, sondern um interne, vom eigenen Körper ausgehende Bedrohungen handelt, außer es besteht eine Furcht vor speziellen Situationen, wie etwa Krankenhäusern oder fremden Toiletten, in denen man eine Krankheit erwerben könnte. 

Spezifische Phobien drücken meist die Bedrohung von zwei zentralen Grundbedürfnissen aus: Gesundheit und körperliches Wohlbefinden (wegen der starken körperlichen Symptome), Autonomie und Kontrolle (wegen der Gefühle von Ohnmacht und Ausgeliefertsein). Es kann aber auch das Grundbedürfnis nach Selbstwerterhöhung und Selbstwertschutz bedroht sein durch die Angst vor sozialer Auffälligkeit durch das ängstliche Verhalten.


Gesundes Verhalten ausbauen: Konzentrieren Sie sich voll und ganz auf das, was Sie erreichen möchten 

 

Bei Spezifischen Phobien gibt es außer dem Umstand, dass es sich dabei um sehr belastende und daher krankheitswertige Furchtreaktionen angesichts von einzelnen Objekten, Orten und Situationen handelt, kein zentrales Bindeglied, das heißt, es bestehen keine typischen inhaltlichen Gemeinsamkeiten.

Aufgrund der Vielfältigkeit und Unterschiedlichkeit Spezifischer Phobien können hier nur zu den wichtigsten davon konkrete Selbsthilfestrategien in Form von zehn Schritten vorgestellt werden.


1.  Ängste verstehen: Erkennen Sie in Ihren Ängsten die Bedrohung Ihrer Grundbedürfnisse. 


Spezifische Phobien werden oft als „irrationale“ Ängste bezeichnet; sie lassen sich durch rationale Argumentation nicht auflösen und trotz Einsicht der Betroffenen in die Unvernünftigkeit und trotz bestem Bemühen nicht so leicht überwinden, wie andere Menschen sich dies vorstellen.

Der Grund liegt im extrem schnell reagierenden Mandelkern in den tieferen Schichten des Gehirns (im limbischen System), der – stark vereinfacht – als Ursprungsort von Emotionen wie Angst, Furcht oder Ekel gilt. 

Die emotionalen und körperlichen Reaktionen sind im biologischen Interesse des Überlebens bereits erfolgt, noch bevor das vordere Frontalhirn (Fachausdruck: präfrontaler Kortex) verhaltenssteuernd eingreifen kann. 

Zahlreiche Spezifische Phobien sind nur verstehbar auf dem Hintergrund der Evolution, als viele Situationen, Umstände und Objekte tatsächlich lebensbedrohlich waren, wie etwa giftige Spinnen und Schlangen, Höhen und Tiefen, Dunkelheit und Blitze, Verletzungen und Blutverlust. 

Viel gefährlichere Situationen, wie etwa der Umgang mit dem elektrischen Strom oder das tägliche Autofahren, weisen dagegen kein Fundament in der Evolution auf und bewirken daher keine genetisch vermittelte Furchtreaktion. 

Kleinkinder im Alter von sechs Monaten zeigen beim Anblick von Bildern mit Schlangen oder Spinnen auch heutzutage noch aus genetischen Gründen starke Furchtreaktionen, die beim Anblick von Blumen oder Fischen ausbleiben. 

Eine Spezifische Phobie entwickelt sich oft schon im Kindesalter und entsteht auch bei Erwachsenen schneller in Zusammenhang mit genetisch vorgeformten Reaktionsbereitschaften als angesichts jener Umstände, mit denen der Mensch erst seit der Neuzeit konfrontiert ist. 

Spezifische Phobien, die ohne genetische Wurzeln entstanden sind, lassen sich viel schwerer konditionieren und weitaus leichter wieder abbauen als solche mit evolutionsbedingtem Hintergrund. 

Die Ausprägung einer Spezifischen Phobie hängt dennoch weniger mit dem biologischen Erbe zusammen, sondern vielmehr mit sozialen und lebensgeschichtlichen Faktoren, vor allem mit bestimmten Traumatisierungen in der Kindheit oder im späteren Leben, häufiger noch mit bestimmten Sozialisationserfahrungen (Spinnenphobien treten überwiegend bei Mädchen auf: Warum wohl?) sowie mit mangelnden Erfolgserlebnissen im Umgang mit den gefürchteten Situationen von klein auf. 

Bei Spezifischen Phobien geht es nicht nur um angst- und furchtgesteuerte Reaktionen auf subjektive Bedrohungen, sondern auch um spontane Reaktionen auf alle möglichen unangenehmen (aversiven) Reize, die sehr belastende emotionale und körperliche Zustände auslösen, wie etwa unerträglichen Ekel (vor allem bei Kleintierphobien, Blut-Spritzen-Verletzungsphobien und Emetophobie, d.h. der Angst vor Erbrechen), starkes Unwohlsein (z.B. bei der Furcht vor Lärm) oder großen Schmerz (z.B. bei der Furcht vor einem Bienenstich, einem Hundebiss oder einer Zahnbehandlung). 

Geben Sie im Fall einer Spezifischen Phobie durch Ankreuzen der zutreffenden Zahl an, in welchem Ausmaß die folgenden fünf Bedrohungsszenarien als Ursache, Auslöser oder Verstärker Ihrer Spezifischen Phobie infrage kommen (0 = gar nicht, 1 = ein wenig, 2 = mäßig, 3 = stark, 4 = sehr stark). 

 
Bedrohungsszenario | Ausmaß
Bedrohung des Körpers/des körperlichen Wohlbefindens | 0  1  2  3  4
Bedrohung der sozialen/wirtschaftlichen Sicherheit  | 0  1  2  3  4
Bedrohung der Bindungen/Geborgenheit  | 0  1  2  3  4
Bedrohung des Selbstwerts/Sozialprestiges | 0  1  2  3  4
Bedrohung der Kontrolle/Autonomie  | 0  1  2  3  4

 

Analysieren Sie die möglichen Ursachen, Auslöser und Verstärker Ihrer Spezifischen Phobie und halten Sie diese in Ihrem Angsttagebuch fest.

Folgende Fragen können hilfreich sein:

  • Wie ist Ihre Spezifische Phobie entstanden und was hat sie später verschlimmert? 
  • Gab es Phasen der Besserung? Wenn ja, welche Erklärungen haben Sie dafür? 
  • Um welche Bedrohungsszenarien handelt es sich dabei? Was ist Ihr häufigstes Worst-Case-Szenario, das im schlimmsten Fall eintreten könnte? 
  • Welche Vermeidungs-, Kontroll- und Sicherheitsstrategien setzen Sie ein, die letztlich Ihr Selbstvertrauen untergraben?

 

2.  Denkmuster ändern: Entwickeln Sie hilfreichere Sichtweisen.


Menschen mit einer Spezifischen Phobie haben oft Denkmuster, die die Art und das Ausmaß jener Spezifischen Phobie verstärken, zu der sie aufgrund der Überreaktion ihres limbischen Systems neigen. 

Derartige Denkmuster begünstigen und verstärken jene unangenehmen Empfindungen, die angesichts von realen oder nur vorgestellten Situationen bereits spontan und unbewusst ausgelöst werden, noch bevor man bewusst einen klaren Gedanken fassen kann. 

Tierphobiker denken: „Dieses Tier könnte mich verletzen oder gar mein Leben bedrohen“ oder „Dieses Tier ist so ekelig, dass ich es nicht anschauen kann.“

Klaustrophobikerinnen sind der Meinung: „Ich könnte in diesem Aufzug bzw. in einem anderen engen Raum unter unerträglicher Atemnot leiden oder vielleicht sogar ersticken.“ Blut- und Spritzenphobiker sind überzeugt: „Ich werde angesichts von Blut und Spritzen gleich umfallen, ohne dass ich etwas dagegen unternehmen kann.“

Zahnbehandlungsphobiker reden sich ein: „Ich halte keine Schmerzen aus“, Phagophobikerinnen, die das Verschlucken fürchten, leben im Glauben: „Ich könnte mich verschlucken und ersticken, wenn ich feste Nahrung zu mir nehme.“

Emetophobikerinnen sind der Meinung: „Wenn ich bestimmte Sachen esse, werde ich sie erbrechen und dann bei mir und anderen Menschen unerträgliche Ekelgefühle auslösen“ oder „Erbrechen ist ein peinlicher Kontrollverlust.“

Flugphobiker sind auf den Gedanken eingeengt: „Das Flugzeug könnte abstürzen, dann bin ich sicher tot.“

Höhenphobikerinnen machen sich unnötig Angst durch ihre Befürchtung: „Ich könnte aus der Höhe in die Tiefe stürzen.“

Menschen mit Dunkelangst werden den Gedanken nicht los: „Es könnte mir in der Dunkelkeit etwas Schlimmes passieren.” Blitzphobiker leben trotz des Wissens um die Wirksamkeit eines Blitzableiters und des Autos als schützenden Faraday’schen Käfigs in der Befürchtung: „Ein heftiger Blitz in der Nähe könnte mich oder ein Familienmitglied tödlich treffen.” Menschen mit der Furcht vor unbekannten oder tiefen Gewässern wie einem See oder dem offenen Meer nehmen an: „Unter der Wasseroberfläche könnte eine lebensbedrohliche Gefahr auf mich lauern.“ 

Allein mit der Ratio, unserer Vernunft, lassen sich unsere spontan aufkommenden Emotionen und irrationalen Ängste nicht überwinden, vor allem wenn diese durch bestimmte Medieninformationen verstärkt werden.

Alle Menschen wissen: Das Flugzeug ist das sicherste Verkehrsmittel. Menschen mit einer Flugphobie (Aviophobie) hilft dieses Wissen aber nicht, entsprechend zu handeln. In den USA stieg vor Jahren nach Flugzeugkatastrophen die Flugangst an, mit dem Effekt, dass viele Menschen für längere Strecken das Auto bevorzugten und dadurch die tödlichen Autounfälle massiv zunahmen. 


Der Psychologe-Professor Gerd Gigerenzer weist in seinem Buch „Risiko“ darauf hin, dass wir angesichts von unvermeidbarer Unsicherheit im Leben mehr Risikokompetenz entwickeln müssen. Er unterscheidet zwischen bekannten und unbekannten Risiken.

Ein Risiko ist eine empirisch messbare und daher bekannte Wahrscheinlichkeit, im Gegensatz zu jener Ungewissheit, bei der das nicht möglich ist.

Bei Unsicherheit mit bekannten Risiken helfe logisches und statistisches Denken, um leichter eine passende Entscheidung treffen zu können.

Bei Ungewissheit ohne bekannte Risiken seien für gute Entscheidungen Intuition und kluge Faustregeln gefragt, vor allem jedoch hilfreiche Emotionen, trotz Angst und Unsicherheit etwas zu wagen. Orientieren Sie sich stärker an Ihren Grundbedürfnissen als an rein spekulativen Risikoeinschätzungen. 

Die Information, dass man in einem Aufzug nicht ersticken könne, hat noch keinen Liftphobiker geheilt. Gilt das auch für Sie?

Dann können Sie zwar von der Methode der Kognitiven Umstrukturierung, das heißt von der Änderung Ihrer Sichtweisen durch gedankliche Neubewertung, durchaus profitieren, aber nicht so viel, wie Sie vielleicht glauben.

Dasselbe trifft auch auf Ekelgefühle zu: Falls Sie bestimmte Meeresfrüchte oder gegrillte Würmer aus Ekelgefühlen nicht essen können, werden Sie allein durch Informationen über den gesundheitlichen Wert dieser Nahrung bzw. über die Essgewohnheiten vieler Menschen in anderen Teilen der Welt nicht zu motivieren sein, angesichts von Brechreiz diese angeblich leckeren Speisen wenigstens zu kosten. Überlegen Sie doch einmal, was Ihnen in diesem Fall helfen könnte, ein derartiges Essen einzunehmen. 

Irrationale Gedanken und unangenehme (aversive) Gefühle lassen sich, wie Sie aus leidvoller Erfahrung wissen, nicht einfach durch rationales oder positives Denken aus der Welt schaffen. 

Es geht vielmehr darum, diese irrationalen Katastrophengedanken und unangenehmen Gefühle angesichts der gefürchteten Situationen voll und ganz zuzulassen und auf der Basis von Grundbedürfnissen und Lebenswerten sowie bekannten und unbekannter Risiken eine Entscheidung zu treffen, die einem emotional sehr bedeutsam ist. 

Folgende Ratschläge können hilfreich sein: 

Sagen Sie voraus, was im schlimmsten Fall passieren könnte, und überprüfen Sie Ihre Vorhersagen später durch wiederholte Konfrontation.
Eine Änderung der oft sehr rigiden Überzeugungen ist ohne korrigierende positive Erfahrungen in den gefürchteten Situationen nur schwer möglich. Dies weist auf die Bedeutung des erfahrungsorientierten Lernens im Sinn einer Konfrontationstherapie hin. Doch woher den Mut nehmen? Wenn Ihre Neugierde und Ihr Interesse an neuen Erfahrungen und damit das Belohnungssystem keinen ausreichenden Anreiz zu einem derartigen Experiment bieten, sollten Sie sich auf Ihr Bindungssystem verlassen: Führen Sie jedes Experiment zuerst in Gegenwart und mithilfe von Vertrauenspersonen durch. 

Überprüfen Sie Ihre angst- und furchterregenden Denkmuster sowohl in Ruhe als auch in Angst- und Stresssituationen.
Es ist ganz normal, dass wir unter großer Angst und Furcht sowie bei starkem Stress nicht klar denken können und alles Mögliche bedrohlicher erleben, als es tatsächlich ist. Arbeiten Sie an der Veränderung Ihrer Denkmuster vor allem außerhalb von phobischen Situationen. Nutzen Sie dazu die Drei-Spalten-Technik: Notieren Sie in der linken Spalte Ihre Spezifische Phobie, in der mittleren Spalte Ihren typischen Angstgedanken und in der rechten Spalte einen alternativen, hilfreicheren Gedanken. Erarbeiten Sie für jede Spezifische Phobie nützlichere Denkmuster als bisher. Versetzen Sie sich dann in die phobische Situation und üben Sie die neuen, konstruktiveren Denkmuster systematisch ein. 

Ändern Sie Ihre ängstlichen Denkmuster in Richtung von mehr Vertrauen zu anderen Menschen sowie zu Ihrem Körper.
Stellen Sie bei einer Flugphobie Ihrem Angstgedanken in der linken Spalte („Ein Flugzeugabsturz endet für mich sicher tödlich“) in der rechten Spalte die größere Wahrscheinlichkeit gegenüber: „Der Weg mit dem Auto zum Flughafen und wieder nach Hause ist objektiv gesehen viel gefährlicher und könnte ebenfalls tödlich ausgehen, dennoch fahre ich mit dem Auto, im Vertrauen auf meine Fahrtüchtigkeit. Ich muss beim Fliegen lernen, mit dem Angewiesensein auf andere Menschen sowie auf eine unbekannte Technik besser zurechtzukommen.“
Ändern Sie bei einer Aufzugs- oder Gondelphobie Ihren Angstgedanken: „Ich könnte stehenbleiben und ersticken oder abstürzen und dabei schwer verletzt werden“ zugunsten eines nützlicheren Gedankens: „Ich muss lernen, im Bedarfsfall auf fremde Hilfe zur rechtzeitigen Rettung zu vertrauen.“
Ändern Sie bei einer Hundephobie den Angstgedanken: „Dieser Hund könnte mich beißen“ zugunsten des hilfreicheren Gedankens: „Ich vertraue darauf, dass der Hundebesitzer seinen Hund unter Kontrolle hat.“

Was erkennen Sie allein aus diesen drei Beispielen? Es geht oft gar nicht um ein angstfreies, sondern um ein vertrauensvolles Denken und Handeln anderen Menschen gegenüber, wenn Sie selbst keinerlei Kontrolle über die jeweilige Situation haben. Ihr Grundbedürfnis nach Autonomie- und Kontrolle dominiert in phobischen Situationen übermäßig alle anderen, nicht befriedigten Grundbedürfnisse.

Bei einer Emeto- und Phagophobie (Angst zu erbrechen bzw. zu ersticken) geht es in ähnlicher Weise um eine Änderung Ihrer Denkmuster, und zwar in Richtung von mehr Vertrauen zu Ihrem Körper anstelle von ständigen körperbezogenen Kontrollen. 

 

3.  Körperliche Befindlichkeit verbessern: Nutzen Sie körperliche Aktivität und Entspannung zum Stressabbau. 


Menschen mit Spezifischen Phobien nehmen in gefürchteten Situationen aus verständlichen Gründen eine Schutz- oder Schonhaltung ein, die sich langfristig als schädlich herausstellt.
 

Folgende Ratschläge können hilfreich sein:

Nutzen Sie bei einer Blut-, Spritzen-Verletzungsphobie mit Ohnmachtsangst die Technik der Angewandten Anspannung, um einen Blutdruckabfall zu verhindern.
Rund 75 Prozent der Betroffenen sind in der gefürchteten Situation schon einmal ohnmächtig geworden und fürchten sich vor neuerlicher Ohnmacht. Spannen Sie bei normaler Atmung die große Skelettmuskulatur, das heißt die Muskeln in beiden Armen und Beinen sowie im Rumpf (Oberkörper, Bauch, Gesäß), 15 bis 20 Sekunden lang stark an, um dadurch die Gefäße zu verengen und den Blutdruck zu heben. Lösen Sie danach die Anspannung langsam bis zum Ausgangspunkt, also nicht bis zur Entspannung, wie dies bei der Progressiven Muskelentspannung angestrebt wird. Machen Sie anschließend eine Pause von etwa 20 Sekunden und wiederholen Sie diese Anspannungsübung insgesamt fünfmal. Halten Sie bei der Blutabnahme einen Arm entspannt, während Sie den anderen stark anspannen, am besten abbiegen und mit der Hand eine Faust machen. Die Wirkung der Blutdrucksteigerung sollten Sie zur Stärkung Ihrer Überzeugung, Ihren Körper erfolgreich beeinflussen zu können, mithilfe eines Blutdruckmessgeräts überprüfen. Machen Sie nach längerem Stehen ohne Bewegung kräftige körperliche Bewegungen, um Kreislaufprobleme zu verhindern. 

 

Nutzen Sie die Methode der Systematischen Desensibilisierung.
Stellen Sie sich konkrete phobische Situationen unter Entspannungsbedingungen oder anderen Wohlfühlpositionen möglichst bildhaft vor. Konditionieren Sie Ihre Furchtreaktion in der Vorstellung mit Entspannung und Wohlbefinden, um auf diese Weise die Furchtreaktion zu hemmen. Es handelt sich dabei um die älteste Methode der Verhaltenstherapie aus den 1960er-Jahren zur Behandlung von einfachen Tierphobien.
Als Entspannungsmethode wurde die Progressive Muskelentspannung nach Edmund Jacobson eingesetzt. Sie können alternativ eine andere Entspannungsmethode erlernen oder eine Situation des absoluten Wohlbefindens zu Hause oder im Urlaub visualisieren.
Wenn Sie in der vorgestellten phobischen Situation entspannt bleiben, reagieren Sie nicht mehr so ängstlich wie früher auf eine vermeintliche äußere Bedrohung. Sie wissen es schon: Man spricht von einem emotionalen Trugschluss, wenn man von der momentanen körperlichen Anspannung auf eine äußere Bedrohung schließt.
Sobald Sie mithilfe der Systematischen Desensibilisierung Fortschritte gemacht haben, sollten Sie auf ein Angstbewältigungstraining in der Realität umsteigen, das heißt, sich den gefürchteten Objektiven und Situationen sukzessive unter Entspannung aussetzen, etwa entspannt Spinnen oder andere Kleintiere beobachten und zunehmend näher an sie herankommen.
Es stimmt schon, dass es sich dabei um ein Angstmeidungstraining handelt, das allerdings weiterhin hilfreich ist, wenn die bewährte Standardmethode der Konfrontation mit phobischen Situationen ohne jede Entspannung – aus welchen Gründen auch immer – anfangs nicht gewagt wird. 

Nutzen Sie Atemtechniken, um Beklemmungsgefühle und muskuläre Verspannungen zu vermindern.
Techniken der verlangsamten Ausatmung, wie sie bei der Panikstörung ausführlich beschrieben wurden, sind bei zahlreichen Spezifischen Phobien sehr hilfreich, vor allem beim Situativen Typ, besser bekannt als Klaustrophobie, bei dem die Betroffenen unter subjektiver Atemnot in engen und fensterlosen, aber auch großen, geschlossenen, überfüllten und überhitzten Räumen leiden. Das Beklemmungs- bzw. Erstickungsgefühl entsteht dadurch, dass die Betroffenen durch den vermeintlich zu engen Raum nicht – wie sie gewöhnlich glauben – zu wenig Luft bekommen, sondern weil sie aufgrund ihrer Furcht und des damit einhergehenden unwillkürlichen Fluchtreflexes zu viel Luft aufnehmen, das heißt zu stark einatmen und dann wegen des geschlossenen Raumes keinerlei körperliche Bewegung machen, sodass ihre mit Atemluft prall gefüllte Lunge im Brustkorb Beklemmungsgefühle auslöst. 
Langsames Ausatmen bei sanfter Bewegung im Stand lindert rasch und verlässlich die Beklemmungsgefühle. Viele Liftphobiker können dagegen mit Panoramaaufzügen problemlos fahren, weil sie durch das Glas hinaussehen können und sich dadurch nicht so beengt fühlen wie bei Aufzügen ohne Sicht auf die Umgebung. 
Techniken der verlangsamten Ausatmung sind auch bei jenen Spezifischen Phobien sehr hilfreich, die mit einer ganzkörperlichen muskulären Verspannung, etwa aufgrund der Angst vor körperlicher Bedrohung oder starken Schmerzen und einer damit verbundenen spontanen Fluchtreaktion, einhergehen, was vor allem bei Klaustrophobie, Tier-, Spritzen- und Zahnbehandlungsphobien der Fall ist. 
Trifft das auf Sie zu? Dann sollten Sie Folgendes wissen: Fakire sowie Menschen mit einer Schmerzstörung setzen zur Schmerzlinderung bestimmte Atemtechniken ein, um ihre Grundanspannung zu senken. 

 

4.  Aufmerksamkeit lenken: Konzentrieren Sie sich auf das, was im Moment hilfreich und wichtig ist. 


Menschen mit einer Spezifischen Phobie verschlimmern Ihre Befindlichkeit in phobischen Situationen durch eine falsche Aufmerksamkeitsausrichtung; sie nehmen gefürchtete Situationen und Umstände im Objektstatus wahr, das heißt so, als würden sie dadurch unmittelbar bedroht, statt den Status eines distanzierten Beobachters einzunehmen, der die Situation von außen betrachtet. 

Phobiker stellen dadurch eine Beziehung zwischen dem gefürchteten Objekt und der eigenen Person her, mit dem Gefühl einer akuten Bedrohung („Der Hund möchte mir etwas antun“, „Der heftige Blitz wird mich treffen“). 

Folgende Ratschläge können hilfreich sein:

Betrachten Sie phobische Situationen aus einer distanzierten Beobachterposition.
Nehmen Sie in phobischen Situationen, bei denen Sie vorschnell in den Objektstatus geraten, wie etwa bei einer Tierphobie, die Rolle einer aufmerksamen Beobachterin ein. 
Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf das, was Sie mit Ihren Augen gerade sehen, und nicht auf das, was Sie sich in Ihrer ängstlichen Erwartung gerade vorstellen, nämlich einen unangenehmen Körperkontakt. 
Beobachten Sie alle Spinnen, Schnecken, Käfer, Schlangen oder Hunde so, dass Sie dabei in körperlicher Distanz bleiben. Beschreiben Sie alle Details eines gefürchteten Tieres, das Sie aus einem sicheren Abstand wahrnehmen. 
Eine phobische Reaktion setzt erst dann ein, wenn Sie in der Vorstellung einen Hautkontakt zwischen dem Tier und Ihrem Körper herstellen, ähnlich wie bei einer Blitzphobie angesichts eines Blitzes oder bei Angst vor der Dunkelkeit angesichts von fremden Personen. 
Zur Erleichterung und Einübung des distanzierten Beobachterstatus können Sie gefürchtete Situationen und Objekte anfangs in Form von Bildern und Filmen sowie in der Vorstellung wahrnehmen, aber auch Vertrauenspersonen beim Umgang mit den gefürchteten Situationen und Objekten beobachten („Modelllernen“ genannt). 

Lenken Sie Ihre ganze Aufmerksamkeit und Konzentration in phobischen, objektiv ungefährlichen Situationen auf das, was Sie tun möchten, statt auf das, was Sie verhindern möchten.
Sobald Sie phobische Situationen und Objekte ohne Flucht- und Vermeidungsreaktionen sowie auch ohne Ablenkungs- bzw. Sicherungsstrategien aus einer distanzierten Beobachterposition wahrnehmen können, sind Sie gut darauf vorbereitet, sich mit Ihrer ganzen Aufmerksamkeit auf jene Aufgabenstellungen und Ziele zu konzentrieren, die Ihnen gerade wichtig sind.
Die beliebte Methode der Ablenkung funktioniert erst dann wirklich, wenn Sie vorher gelernt haben, sich den gefürchteten Objekten und Situationen aus einer distanzierten Beobachterposition zuzuwenden. 

Lenken Sie bei körperbezogenen Spezifischen Phobien Ihre Aufmerksamkeit auf die Umwelt und nicht auf Ihren Körper.
Eine erhöhte Selbstaufmerksamkeit kann Störungen des vegetativen Nervensystems auslösen. Machen Sie sich bewusst, dass Sie bei einer körperbezogenen Phobie wie einer Emeto- und Phagophagie durch Ihre ängstliche Körperbeobachtung genau jene Anspannung des vegetativen Nervensystems bewirken, die Sie dann fürchten. 
Finden Sie wieder mehr Vertrauen zu Ihrem Körper, anstatt die automatisch ablaufenden physiologischen Prozesse kontrollieren zu wollen. Nutzen Sie den Ansatz der Achtsamkeitstherapie: Beobachten Sie bewusst die körperlichen Abläufe, jedoch ohne Bewertung und ohne ständige Kontrollstrategien. 

 

5.  Achtsamkeit üben, Akzeptanz fördern: Lassen Sie Ihre Körperempfindungen, Gedanken, Vorstellungen und Gefühle ohne Bewertung achtsam zu, statt ständig dagegen anzukämpfen. 


Das Konzept der Achtsamkeit ist gerade zur Bewältigung jener Spezifischen Phobien bestens geeignet, die auf unser genetisches Erbe zurückgehen oder die durch Fehleinschätzungen des Mandelkerns als unserem Emotionszentrum ausgelöst werden, längst bevor wir einen angstmachenden Gedanken gefasst haben. 

Folgende Ratschläge können hilfreich sein:

Unterscheiden Sie zwischen Ihrer Vorstellung und der Realität.
Sagen Sie sich bei allen möglichen Spezifischen Phobien immer wieder: „Das ist nur mein spontanes Bild, meine momentane Vorstellung, das ist nicht die Wirklichkeit“, „Die Gefahr besteht im Moment nur in meinem Kopf, die gegenwärtige Situation ist sicher und ungefährlich“, „Nur weil ich mir eine Katastrophe sehr gut vorstellen kann, erhöht dies nicht die reale Bedrohungsgefahr.“

Unterscheiden Sie zwischen Ihren Gefühlen und der Realität.
Sagen Sie sich bei einer Spinnen- oder Schneckenphobie: „Jetzt überkommt mich totaler Ekel, das darf sein. Ich mag diese Tiere einfach nicht, ich weiß, dass sie in unserem Lebensraum nicht gefährlich sind. Ich gebe Ihnen nicht mehr so viel Macht über mein Leben wie in der Vergangenheit und werde sie mithilfe einer Schaufel oder eines Blatt Papiers aus meinem Wohnraum entfernen.“ 
Vergegenwärtigen Sie sich bei Spezifischen Phobien Ihren typischen emotionalen Trugschluss: „Ich bin jetzt sehr erregt und schließe von meiner Angst und körperlichen Anspannung auf eine äußere Bedrohung, die gar nicht vorhanden ist.“ 

Akzeptieren Sie Ihren Flucht- und Vermeidungsimpuls, doch geben Sie ihm nicht nach. Sagen Sie sich: „Mein Körper reagiert gerade wie bei realer Gefahr, am liebsten möchte ich jetzt weglaufen, doch das wäre eine vorschnelle Fluchtreaktion; ich habe meine Befürchtung im Kopf schon als Realität erlebt, ich bleibe in dieser Situation und tue das, was mir wichtig ist.“ 

 

6.  Gefürchtete Zustände provozieren: Lernen Sie einen besseren Umgang mit jenen Befindlichkeiten, die Sie am meisten fürchten. 


Angst und Furcht führen zu Flucht und Vermeidung, wodurch alles nur noch schlimmer wird. Lassen Sie sich im Sinn von Experimenten unter kontrollierten Bedingungen auf das ein, was Sie bei körperlichen Symptomen fürchten, um zukünftig besser damit zurechtzukommen. 

Folgende Ratschläge können hilfreich sein: 

Lösen Sie absichtlich die eine oder andere Spezifische Phobie mit den damit verbundenen Symptomen aus.
Essen Sie im Fall einer Emeto- oder Phagophobie in Situationen des Wohlbefindens sowie in Anwesenheit einer Vertrauensperson genau das, wovor Sie sich allein oder in der Öffentlichkeit fürchten würden. Sie müssen sich dabei anfangs nicht wohlfühlen, es reicht, dass Sie wieder normal essen. Schauen Sie sich im Fall einer Tierphobie im Internet Bilder und Filme von jenen Tieren an, die bei Ihnen Furcht oder Ekelgefühle auslösen, anfangs in Gegenwart einer Vertrauensperson. Sie müssen Ihr Angst- und Ekelgefühl nicht überwinden, es reicht, dass Sie besser als bisher damit umgehen und den Blickkontakt aufrechterhalten können. Verstärken Sie bei Höhenangst den oft vorhandenen Höhenschwindel, indem Sie in einige Minuten vom Balkon oder Fenster eines Hochhauses oder von einer Brücke auf den Fluss hinunterschauen. 

Erkennen Sie trotz Ihrer belastenden Symptome Ihre Wünsche und Bedürfnisse in Zusammenhang mit den phobischen Situationen.
Suchen Sie im Internet nach Filmen zu Themenbereichen, die mit Ihrer Spezifischen Phobie zu tun haben, und spielen Sie diese mehrfach ab.
Betrachten Sie bei Flugangst Filme mit Flugreisen in ferne Länder, die Sie ohne Phobie und Symptome gerne besuchen würden, bei Höhen- und Gondelphobien interessante Naturfilme über die Bergwelt, in der Sie gerne wieder wandern oder Skifahren würden, bei Furcht vor medizinischen Interventionen Filme zu medizinischen Vorsorgeimpfungen, Operationen und Zahnbehandlungen, die bei Ihnen anstehen. Erblassen Sie vor Neid oder Bewunderung, wie locker andere Menschen das Leben genießen können? Ärgern Sie sich, was Ihnen durch Ihre Spezifische Phobie auch weiterhin verwehrt bleibt, wenn Sie so weitermachen wie bisher? Dann lassen Sie sich von Emotionen wie Neugierde und Vorfreude antreiben, statt sich weiterhin von Ihren irrationalen Befürchtungen terrorisieren zu lassen. Tolerieren Sie Ihre Symptome und nutzen Sie die Chance auf die Befriedigung Ihrer Bedürfnisse nach mehr Action und Selbstbestätigung in Ihrem Leben. 

 

7.  Sich selbst coachen: Führen Sie hilfreiche Selbstgespräche. 


Sprechen Sie sich selbst in phobischen Situationen Mut zu und vergegenwärtigen Sie sich in treffenden Worten genau das, was Ihnen bei weniger Angst, Furcht und Stress ohnehin bewusst ist. 

Folgende Ratschläge können hilfreich sein:

Coachen Sie sich selbst mit ermutigenden und aufbauenden Sätzen.
Sagen Sie sich: „Ich akzeptiere dieses Enge- und Beklemmungsgefühl, weil ich nur so an der gewünschten Aktivität teilnehmen kann“, „Ich toleriere mein Ekelgefühl, es muss mir in dieser Situation nicht gutgehen“, „Angst, Furcht und Unwohlsein gehen vorüber, und dann erlebe ich das, was mir sehr wichtig ist.“ 

Coachen Sie sich mit wirksamen Wenn-Dann-Sätzen.
Vorher gut durchdachte und mental immer wieder erprobte Wenn-Dann-Sätze stellen laut wissenschaftlichen Erkenntnissen wirksame Handlungsanleitungen in Angst- und Stresssituationen dar. Sagen Sie sich bei einer Blut- und Spritzenphobie: „Wenn Ohnmacht droht, mache ich meine Anspannungsübungen.“
Bei einer Hundephobie bewährt sich folgende Anleitung: „Wenn ich einen Hund sehe, gehe ich wie andere Leute ohne Umwege an ihm vorbei, den Blick weiter nach vorn als auf den Hund gerichtet.“
Bei einer Spinnenphobie können Sie sich folgendermaßen zum wirksamen Handeln anleiten: „Wenn ich in der Wohnung eine Spinne sehe, werde ich sie mit Schaufel und Besen oder auf einem Blatt Papier nach draußen befördern.“ 

 

8.  Mental trainieren: Üben Sie erfolgreiches Handeln in der Vorstellung. 


Spezifische Phobien ufern im Laufe der Zeit zu Erwartungsängsten aus.

Mentales Training kann Ihnen helfen, in der Vorstellung Bewältigungsstrategien zu entwickeln, sodass Sie sich auf gefürchtete Situationen und Objekte zukünftig bereitwilliger als bisher einlassen. 

Folgende Ratschläge können hilfreich sein:

Wagen Sie eine mentale Konfrontationstherapie.
Stellen Sie sich phobische Objekte und Situationen möglichst lebhaft vor, als wären Sie mit diesen in der Realität gerade konfrontiert. Setzen Sie dabei keine Entspannungs- und Wohlfühlübungen ein, denn in der Realität müssen Sie mit Ihren körperlichen Reaktionen ebenfalls ohne Entspannungsmöglichkeiten zurechtkommen. Nutzen Sie den Umstand, dass Angst und Furcht bereits durch bildhafte Vorstellungen ausgelöst werden, und nehmen Sie innerlich wahr, was Sie im Rahmen Ihrer Spezifischen Phobie am meisten fürchten. Lassen Sie alle Symptome voll und ganz zu und vergegenwärtigen Sie sich Ihre körperliche, seelische und geistige Befindlichkeit angesichts der phobischen Situation. Worin besteht das Hauptproblem: in der belastenden Wahrnehmung der phobischen Situation und der damit verbundenen vermeintlichen Bedrohung oder in der Überflutung durch körperliche Symptome wie beschleunigten Herzschlag, Atemnot, Schwitzen, Schwindel und Gefühle wie Schwäche, Peinlichkeit oder Blamage? Anders gefragt: Haben Sie mehr Angst vor dem Kontrollverlust gegenüber der Außenwelt oder gegenüber Ihrem Körper und Ihrer Psyche? Angenommen, Sie hätten nach kurzer Zeit keine oder weniger körperliche und psychische Symptome, hätten Sie dann Ihre Spezifische Phobie im Wesentlichen überwunden oder nicht? Welche Probleme würden eventuell weiterbestehen? Wenn Sie vor allem Angst vor sich selbst und Ihren körperlichen und psychischen Reaktionen haben, wird Ihnen im Rahmen des Mentalen Trainings sehr schnell deutlich, wie problematisch es ist, Ihren Körper in objektiv ungefährlichen Situationen auf Dauer mit Medikamenten ruhighalten zu wollen. 

Spielen Sie Ihre Spezifische Phobie bis zum schlimmstmöglichen Ende durch, um zu verstehen, was Sie eigentlich fürchten.
Sie müssen wissen, wovor Sie eigentlich Angst haben, bevor Sie mit Ihrer Spezifischen Phobie besser zurechtkommen können. Was fürchten Sie im Fall einer Aufzugsphobie: zu ersticken oder vorübergehend eingeschlossen zu sein? Was ist das Schlimmste bei einer Hundephobie: schmerzhaft gebissen oder schwer verletzt zu werden oder „nur“ die Hundeschnauze auf Ihrer Haut und Ihrer Kleidung zu spüren? Was fürchten Sie bei einer Spinnen- oder Schneckenphobie: unerträgliche Ekelgefühle, eine schlimme Erkrankung oder belastende körperliche Symptome? Was fürchten Sie bei einer Höhenphobie: einen Absturz, ein Schwindelgefühl beim Hinunterschauen oder das Eingeschlossensein hoch oben? 

Stellen Sie sich gefürchtete Situationen und Objekte zuerst möglichst lebhaft vor und spielen Sie dann vor Ihrem inneren Auge bestimmte Bewältigungsstrategien durch.
Fahren Sie bei einer Autofahrphobie auf allen gefürchteten Strecken im Geist mehrfach zum gewünschten Ziel, das Sie unbedingt erreichen möchten. Stellen Sie sich bei einer Höhenphobie vor, wie Sie von einem Hochhausbalkon, einem hohen Turm, einer Seilbahn oder einem Flugzeugfenster in die Tiefe blicken, während Sie den sicheren Halt unter Ihren Füßen spüren. Bedenken Sie: Viele Höhenphobien hängen mit einem Höhenschwindel zusammen, bei dem Ihnen die Augen den Fall in die Tiefe vorgaukeln, obwohl Ihr Körper in Sicherheit ist. Spielen bei einer Tierphobie mental durch, wie Sie eine Spinne oder einen Hund zuerst einige Zeitlang beobachten und das Erscheinungsbild des Tieres innerlich beschreiben und sich danach dem Tier langsam annähern, im Bedarfsfall erleichtert durch entspannende Atemtechniken. 

 

9.  Mutig konfrontieren: Stellen Sie sich in der Realität allen gefürchteten Situationen, um positive Erfahrungen zu machen.

 

Die Methode der Systematischen Desensibilisierung wurde von der Verhaltenstherapie zugunsten der Konfrontationstherapie aufgegeben, weil es sich dabei um ein Angstmeidungstraining handelt. 

Nicht die konditionierte Hemmung, das heißt die Hemmung der Angst durch Entspannung als gegensätzlicher Befindlichkeit, sondern drei andere Mechanismen gelten derzeit als Wirkfaktoren bei der erfolgreichen Bewältigung von Phobien: 

  • Zulassen selbst der stärksten Angst und Furcht, bis ohne jedes Hilfsmittel im Laufe der Zeit eine Gewöhnung daran erfolgt (Fachausdruck: Habituation), 
  • neue Lernerfahrungen, die Angst- und Furchtreaktionen in phobischen Situationen hemmen (Fachausdruck: Extinktion), 
  • die persönliche Kontrollüberzeugung sowie Erfolgserwartung aufgrund wiederholter Erfolgserlebnisse als kognitive Strategie (Fachausdruck: Selbstwirksamkeit). 


Die gestufte Konfrontationstherapie, wie sie bei der Behandlung der Agoraphobie bereits ausführlich beschrieben wurde, ist die Methode der Wahl bei der Mehrzahl der Spezifischen Phobien. 

Folgende Ratschläge können hilfreich sein: 

Stellen Sie sich allen gefürchteten Situationen und Objekten in einer distanzierten Beobachterposition, ohne in den Objektstatus zu gelangen.
Erleben Sie sich in allen Situationen zuerst als beobachtende und anschließend als handelnde Person, ohne ständig in den Objektstatus, das heißt, in die Rolle eines Opfers, zu fallen, dem gleich etwas Schlimmes passieren wird. 
Beobachten Sie bei umweltbezogenen Phobien in achtsamer, nicht bewertender Weise die Umwelt und bei körperbezogenen Phobien Ihren Körper, ähnlich wie andere dies tun, ohne in eine Kampf-Flucht-Position oder in eine Abwehrhaltung zu gelangen. 
Tun Sie dann das, was Sie aufgrund Ihrer Wünsche eigentlich tun möchten. Tolerieren Sie den von der Amgydala gesteuerten Angst- und Fluchtreflex, ähnlich wie chronische Schmerzpatienten oder Sportler aufkommende Schmerzen akzeptieren, während sie sich dem zuwenden, was Ihnen wichtig ist. 

Stellen Sie sich allen gefürchteten Situationen und Objekten in Form einer gestuften Konfrontationstherapie.
Gehen Sie bei Spezifischen Phobien vom Situativen Subtyp, das heißt bei einer Klaustrophobie, ähnlich vor, wie dies bei der Behandlung der Agoraphobie ausführlich dargestellt wurde. Nutzen Sie anfangs verschiedene Erleichterungen, wie etwa eine vorübergehende Auszeit zur Regeneration, bestimmte Hilfsmittel (z.B. Beruhigungsmittel oder Handy in der Tasche) oder Vertrauenspersonen, um rasch Erfolgserlebnisse zu erreichen, und bauen Sie diese im Laufe der Zeit wieder ab, um alle erreichten Erfolge sich selbst zuschreiben zu können.
Dieselben Behandlungsprinzipien gelten grundsätzlich auch für alle anderen Typen von Spezifischen Phobien, erfordern jedoch je nach deren Art spezielle Vorgangsweisen.
Bei Tierphobien sollten Sie zuerst Vertrauenspersonen im Umgang mit dem gefürchteten Tier beobachten, sich dann sukzessive dem Tier annähern und – soweit möglich und sinnvoll – das Tier auch berühren sowie im Bedarfsfall auch selbst entfernen können.
Bei Blut- und Spritzenphobien sollten Sie zuerst eine Blutzuckermessung und später eine Blutabnahme vornehmen lassen, am besten auch zum Blutspenden gehen.
Bei einer Höhenphobie sollten Sie zuerst zusammen mit einer Vertrauensperson und anschließend allein hohe Gebäude aufsuchen und längere Zeit hinunterschauen, gleichzeitig den sicheren Stand unter Ihren Füßen spüren und mit Ihren Augen vorübergehend etwas in der Nähe fixieren, um Sicherheit zu gewinnen, und dann wieder in die Tiefe schauen. 

Handeln Sie auf der Basis Ihrer Grundbedürfnisse.
Setzen Sie bei Spezifischen Phobien vom Situativen Typ, das heißt bei Klaustrophobie, die gestufte Konfrontationstherapie nicht primär gegen Ihre Angst vor der Enge und das vorübergehende Nicht-Entkommen-Können ein, sondern mit dem Vorsatz, Ihre bedürfnis- und wertegeleiteten Ziele zu erreichen. Je schneller Sie Ihr überhöhtes Autonomie- und Kontrollbedürfnis zugunsten anderer Grundbedürfnisse aufgeben, das heißt, je mehr Sie bestimmte Umstände akzeptieren, wie etwa, nicht jederzeit fliehen zu können und kurzfristig keine Kontrolle zu haben, umso schneller werden Sie eine Klaustrophobie im Interesse Ihrer Ziele überwinden. 

Stellen Sie sich bestimmten phobischen Situationen zuerst in Anwesenheit Ihres Partners oder Ihrer Partnerin bzw. einer anderen Vertrauensperson.
Nutzen Sie zur Aktivierung des Bindungssystems und zur vermehrten Ausschüttung von Oxytocin einen wohltuenden Körperkontakt mit einer Vertrauensperson, während Sie sich phobischen Situationen oder Objekten aussetzen. Verwenden Sie Angehörige und gute Bekannte auch als beruhigende Modellpersonen im Umgang mit gefürchteten Situationen. Es wirkt ermutigend, wenn Sie zuerst Vertrauenspersonen beim Umgang mit phobischen Situationen mehrfach beobachten, anschließend dieselbe Aufgabenstellung gemeinsam und erst zum Schluss allein ausführen. In ähnlicher Weise stellt sich im Rahmen einer Verhaltenstherapie die Therapeutin als Modell- und Vertrauensperson zur Verfügung. 

Stellen Sie sich bestimmten phobischen Situationen anfangs nur bei positiver Stimmung.
Nutzen Sie Humor, Hobbys, Freizeitaktivitäten und vor allem soziale Aktivitäten, um eine positive Grundstimmung zu schaffen, in der Sie sich dann bestimmten phobischen Situationen aussetzen. Bei einer Hundephobie können Sie einen Hund in einem Restaurant leichter tolerieren, wenn Sie von vielen positiven Emotionen erfüllt sind, oder im Freien dann leichter passieren, wenn Sie sportlich mit dem Fahrrad unterwegs sind. Eine Flugphobie können Sie dann leichter aushalten, wenn Sie mit dem engsten Familien- oder Freundeskreis unterwegs sind, der für Spaß und Freude sorgt. 

 

10.  Gefühle und Beziehungsprobleme bewältigen: Finden Sie Lösungen für die tieferen Hintergründe Ihrer Ängste. 


Die Mehrzahl der Spezifischen Phobien hat nichts mit früheren oder gegenwärtigen Belastungsfaktoren bzw. schlimmen Erfahrungen zu tun. 

Bestimmte Spezifische Phobien, vor allem vom Situativen Typ (Klaustrophobien), können jedoch durch Stress in Partnerschaft, Familie oder Beruf ausgelöst oder verstärkt werden, während andere mit traumatisierenden Lebenserfahrungen zusammenhängen können, wie etwa eine Flugphobie mit heftigen Turbulenzen, eine Tunnelphobie mit einem brennenden Auto im Tunnel, eine Autofahrphobie mit einem schlimmen Verkehrsunfall, eine Höhenphobie mit einem lebensbedrohlichen Absturz, eine Dunkelangst mit einem nächtlichen Überfall im Freien, eine Hundephobie mit einem Hundebiss, eine Spritzenphobie mit wiederholten Ohnmachtserfahrungen oder eine Zahnbehandlungsphobie mit massiven Schmerzen bei unzureichender Schmerzmedikation bzw. wenig einfühlsamer Behandlung. 


Unbewältigte Grundprobleme können später trotz erfolgreicher Konfrontationstherapie leicht zu Rückfällen führen, sodass diese rechtzeitig auf angemessene Weise bewältigt werden sollten. 

Folgende Ratschläge können hilfreich sein:

Machen Sie im Bedarfsfall eine traumabezogene Therapie.
Die Mehrzahl der Spezifischen Phobien hat ihren Beginn in der Kindheit, in der man an sich harmlose Situationen und Objekte mangels besseren Wissens als bedrohlich eingeschätzt und keinen adäquaten Umgang damit gelernt hat. Falls das erstmalige Auftreten der Spezifischen Phobie mit einer traumatisierenden Lebenserfahrung zusammenhängt, sollten Sie eine traumabezogene Psychotherapie in Erwägung ziehen. 

Ändern Sie im Bedarfsfall familiäre, berufliche oder private Belastungsfaktoren.
Spezifische Phobien können in Einzelfällen durchaus komplexe und tiefere Ursachen haben. So kann eine Tunnelphobie erstmalig aufgetreten sein durch eine Panikattacke in einem Tunnel während einer an sich entspannenden Heimfahrt nach einem heftigen Streit mit dem Chef über unzumutbare Arbeitsbedingungen. 


 

 

Gesundes Vermeidungsverhalten beachten: Stehen Sie zu sich – Sie müssen nicht alles können und tun 

 

Viele Menschen haben die eine oder andere Spezifische Phobie, ohne dass sie deswegen an eine eigenständige oder psychotherapeutisch unterstützte Änderung denken. 

Solange die Betroffenen ohne großen Schaden und ohne langfristige negative Folgen die gefürchteten Situationen vermeiden können, sehen sie keine Notwendigkeit, ihr eigenartiges Verhalten, das auch anderen auffällt, zu ändern. 

Was ist Ihre Einstellung dazu? Möchten Sie weiterhin mit einer bestimmten Spezifischen Phobie, etwa einer Tier-, Gewitter-, Dunkelheits-, Autofahr-, Flug- oder Seilbahnphobie, leben, weil Ihnen dieses Problem angesichts Ihrer Bedürfnisse nicht wichtig genug ist, viel Energie dafür aufzuwenden? 

Es ist Ihr gutes Recht, anders zu sein als die anderen und sich nicht den gesellschaftlich diktierten Vorstellungen von Normalität beugen zu müssen, vor allem dann nicht, wenn in Ihrer Lebenssituation tatsächlich andere von Ihnen erwarten, Ihre irrationalen Ängste so schnell wie möglich zu überwinden. 

Stehen Sie zu sich und Ihren Eigenheiten, solange Sie selbst und andere nicht erheblich darunter leiden und Ihre soziale Umwelt auf Ihre Spezifische Phobie nicht übermäßig viel Rücksicht nehmen muss. 

Sie brauchen eine hohe Motivation zur Überwindung einer Spezifischen Phobie, mit der Sie sich im Leben vielleicht schon arrangiert haben. Je älter Sie sind, umso länger haben Sie bereits mit Ihrer Phobie gelebt. 

Spezifische Phobien entwickeln sich meistens nicht im Erwachsenenalter in Zusammenhang mit traumatischen Erlebnissen, sondern bereits in der frühen Kindheit, im Durchschnitt mit etwa 10 Jahren. 

Spezifische Phobien sind mit einer Rate von 10,3 Prozent in den letzten 12 Monaten die häufigsten Angststörungen überhaupt, dennoch gehen im Vergleich zu anderen Angststörungen viel weniger Betroffene deswegen in eine Psychotherapie. 

Falls Sie mehrere Spezifische Phobien haben: Mit welchen Phobien können Sie weiterhin einigermaßen gut leben? Welche sollten Sie dagegen wegen der Folgen früher als später doch überwinden? 

 

 

Krank machendes Kontrollverhalten unterlassen: Bauen Sie im Laufe der Zeit alle angstverstärkenden Hilfsmittel ab

 

Das sind beliebte Hilfsmittel und Tricks bei Spezifischen Phobien: 

  • Bei Flugangst ein schnell wirkendes Beruhigungsmittel für den Bedarfsfall bereithalten, 
  • bei Klaustrophobie ein offenes Fenster und eine unverschlossene Tür in einem engen zw. überfüllten Raum benötigen, 
  • bei einer Tunnelphobie lieber den langen Weg über den Berg oder eine Landschaft nehmen anstelle des beengenden Tunnels, 
  • bei einer Autobahnphobie die Fahrt auf der Schnellstraße wählen anstelle der Autobahn ohne ständige Abfahrmöglichkeit, 
  • bei einer Brückenphobie den langen Umweg zu Fuß anstelle des direkten Weges über eine Holzbrücke nehmen, 
  • bei Klaustrophobie die langsame Fahrt mit dem Bus oder der Straßenbahn bevorzugen anstelle der schnelleren U-Bahn, 
  • bei einer Aufzugsphobie zu Fuß in den sechsten Stock hinaufgehen, anstatt bequem den Lift zu benutzen, 
  • bei einer Höhenphobie keinen Blick hinunter vom Hochhausbalkon oder Bergwandern wagen, anstatt den Blick zu genießen, 
  • bei Klaustrophobie einen Platz in der Nähe des Ausgangs wählen anstelle einer bequemen Ecke im hinteren Teil des Lokals, 
  • bei einer Spritzenphobie lieber wegschauen während der Verabreichung einer Spritze oder während einer Blutabnahme, 
  • bei einer Emetophobie (Furcht zu erbrechen) breiige statt feste Nahrung essen,
  • bei einer Phagophobie (Furcht sich zu verschlucken und zu ersticken) spezielle Ernährung statt Breitbandkost wählen, 
  • bei einer Bienen-/Wespenphobie ohne Allergie aus einer verschließbaren Trinkflasche trinken statt aus einem offenen Glas, 
  • bei einer Hundephobie einen weiten Abstand oder Umweg bevorzugen, anstatt nahe an einem Hund vorbeizugehen. 

 

Kurzfristig wirksam, schwächen derartige Kontroll- und Sicherheitsstrategien Ihren Selbstwirksamkeitsglauben, das heißt Ihr Selbstvertrauen in Ihre Handlungsfähigkeit. Derartige Hilfsmittel sind – bildlich gesprochen – als Krücken nur solange sinnvoll, bis Sie wieder selbst gehen können. 

Schleichen Sie sukzessive alle Hilfsmittel aus, ähnlich wie Sie auch Psychopharmaka langsam absetzen sollen. 

Nehmen Sie sich andere Menschen, vor allem bestimmte Vertrauenspersonen, zum Vorbild und halten Sie sich an das Motto: „Was für andere nicht gefährlich ist, ist auch für Sie nicht bedrohlich.“ 

 

 

Krank machendes Vermeidungsverhalten überwinden: Unterlassen Sie alle Vermeidungsstrategien, die Ihr Leben erheblich einschränken 

 

Viele Menschen mit Spezifischen Phobien haben in der Kindheit nicht gelernt, mit den damals für ein Kind durchaus normalen Furchtreaktionen als Folge genetisch bedingter Neigungen, negativer elterlicher Vorbildwirkungen und falscher Realitätseinschätzung erfolgreich umzugehen. 

Geben Sie prägenden Faktoren in der Kindheit, genauso wenig wie bestimmten traumatisierenden Lebensereignissen, unter denen Sie vielleicht gelitten haben, nicht mehr so viel Macht, Ihr ganzes weiteres Leben zu bestimmen. 

Das Wissen um die genetischen und psychosozialen Ursachen hilft Ihnen, Ihre Spezifische Phobie besser zu verstehen, ändert jedoch nichts an Ihrem Vermeidungsverhalten.

Völlig unabhängig davon, wie Ihre Spezifische Phobie entstanden ist, wird sie gegenwärtig aufrechterhalten durch Ihr permanentes Vermeidungsverhalten, das jedes Erfolgserlebnis verhindert. 

Lernen Sie wie ein Kind, mithilfe von engen Bezugspersonen, die Ihnen Sicherheit und Geborgenheit vermitteln, mehr Vertrauen zu Objekten und Situationen zu gewinnen, die derzeit stark phobisch besetzt sind und Ihre Lebensqualität sowie Ihre familiäre, soziale, berufliche und private Funktionsfähigkeit erheblich beeinträchtigen.

Man spricht von Modelllernen, wenn Sie sich von anderen etwas Schlechtes bzw. Gutes einfach „abschauen“, ohne dass dabei viel sprachliche Kommunikation erfolgt. 

Treffen Sie trotz eines mulmigen Gefühls die Entscheidung, sich mit den wichtigsten lebenseinschränkenden phobischen Situationen im Laufe der Zeit so lange zu konfrontieren, bis Sie bleibende positive Erfahrungen machen, die Ihre evolutionsgeschichtlich bedingten sowie erlernten Furchtreaktionen hemmen.
 

Das ist der einzige Grund, warum die meisten Menschen keine Angst vor der Fahrt mit dem Auto haben, auch wenn wir von der Biologie darauf ebenso wenig darauf vorbereitet sind wie auf das Fliegen: Sie sind seit dem Babyalter daran gewöhnt. 

Fliegen mit dem Flugzeug, wenn es nur selten erfolgt, bleibt dagegen immer ein aufregendes und angstmachendes Ereignis und wird zunehmend belastender, je seltener man ein Flugzeug besteigt. 

Wissen Sie, welche Spezifische Phobie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts weit verbreitet war? Die Siderodromophobie, die Furcht vor der Fahrt mit der Eisenbahn, als der Zug eine für damalige Verhältnisse unglaubliche Geschwindigkeit von 40 Stundenkilometern erreichte, was selbst laut vielen Ärzten neben der erhöhten Unfallgefahr zu nervösen Schädigungen führen könnte. Auch Sigmund Freud litt daran. Dennoch fuhr er aufgrund seiner medizinischen und kulturellen Interessen mit dem Zug in verschiedene europäische Länder. Sein um zehn Jahre jüngerer Bruder war dagegen einer der Verkehrsexperten der Monarchie. Die beiden Brüder unternahmen von 1895 bis 1904 viele gemeinsame Reisen mit der Eisenbahn – ein typischer Fall von Modelllernen sowie auch von semantischem Lernen, das heißt von angstreduzierenden Sachinformationen.